Frankreich entzieht ETA-Chef Asyl

Um die spanische Regierung für eine Beteiligung an einem Kampfflugzeug-Projekt zu gewinnen, macht die französische Regierung Rückzieher in der Asylvergabe an führenden ETA-Kämpfer  ■  Aus Madrid Antje Vogel

Von spanisch-französischen Flitterwochen war die Rede gewesen, als am vergangenen Wochenende 18 französische und spanische Minister und Staatssekretäre im spanischen Leon zusammentrafen. Doch die Gespräche erwiesen sich als schwierig. Denn während sich die spanischen Sozialisten beklagen, daß seit der Machtübernahme ihrer französischen Parteibrüder die ETA-Bekämpfung in Südfrankreich merklich nachgelassen habe, war es der französischen Regierung bislang nicht gelungen, die Spanier zu einer Beteiligung an ihrem Kampfflugzeug „Rafael“ zu bewegen. Man sei zu einer Übereinkunft in Sachen gemeinsamer Terrorismusbekämpfung gekommen, verlauteten sie schließlich. Am Montag ließ die französische Regierung den Worten Taten folgen: dem vermutlichen ETA-Führungsmitglied Santiago Arrospide, „Santi Potros“, der in Frankreich im Exil lebt, wurde das politische Asyl entzogen und damit der Weg für die von Spanien geforderte Auslieferung freigemacht. Arrospide wurde von der Polizei bisher nicht gefunden.

Ein Einstieg in das „Rafael„-Projekt hätte für die spanische Regierung den Ausstieg aus dem „Jäger-90„-Projekt zur Folge, an dem die BRD, Italien und Großbritannien beteiligt sind. Der spanische Verteidigungsminister Narcis Serra hatte eine Beteiligung seines Landes am „Jäger 90“ mit 13 Prozent der Kosten bereits zugesagt, jedoch den Vertrag noch nicht unterschrieben und vor ein paar Tagen angedeutet, Spanien wolle seine Beteiligung von 13 auf etwa neun Prozent senken. Eine Beteiligung von 13 Prozent würde die höchste Summe bedeuten, die je für eine Waffengattung in Spanien ausgegeben wurde.

Die Konstruktionskosten und der Preis für 100 Flugzeuge, die Spanien zu kaufen sich verpflichten würde, kosten umgerechnet 9.000 Mio. Mark.

Dennoch ist es unwahrscheinlich, daß die spanische Regierung für die „Rafael“ votiert. Die Militärs favorisieren den „Jäger 90“, und Regierungschef Felipe Gonzalez dürfte wenig Lust haben, sich mit der bundesdeutschen, italienischen und britischen Regierung gleichzeitig anzulegen. Den Franzosen mag man, so wird in Madrid spekuliert, ein anderes Bonbon in den Rachen geschoben haben, damit sie den Kampf gegen die ETA wiederaufnehmen. Der Zuschlag für die Lieferung von Hochgeschwindigkeitszügen für die Strecke Madrid-Sevilla, ein Auftrag mit einem Umfang von 1.000 Mio. Mark, wird vermutlich statt an eine bundesdeutsche an eine französische Firma gehen.