Alarm gegen Geschäft mit Organen

■ Eine Münchener Klinik stoppt die Organ-Transplantation von Lebend-Spendern / Aktion als Mahnung gegen die wachsende Kommerzialisierung der Organübertragung gedacht / Gesundheitsministerin Süssmuth gegen Organ-Dealer Adelmann

Berlin (taz) - Im weltweit renommierten Transplantationszentrum Großhadern in München sind Organ -Übertragungen von Lebendspendern gestoppt worden. Professor Walter Land begründete diesen Schritt mit der wachsenden Kommerzialisierung bis hin zur Kriminalisierung bei der Organbeschaffung. Nach Ansicht von Professor Land stehen bei Organübertragungen von Lebenden längst komerzielle Interessen im Mittelpunkt. Selbst bei Verwandten-Spenden sei häufig eine geheim gehaltene Bezahlung im Spiel. Mit einer Adoption würden die Vorschriften für Transplantationen in der Bundesrepublik umgangen.

Die deutsche Ärztekammer in Köln hat gestern die Entscheidung Lands „mit Respekt“ zur Kenntnis genommen. Land wolle offenbar ein Signal setzen. Seine Entscheidung sei von „hohen ethischen Motiven“ getragen, sagte der Geschäftsführer der Ärztekammer, Peter Knuth, zur taz.

Bundesgesundheitsministerin Süssmuth griff gestern ebenfalls in die Diskussion ein und erhob schwere Vorwürfe gegen den Frankfurter Organhändler Graf Adelmann von Adelmannsfelden. Süssmuth kritisierte das „menschenunwürdige Geschäft“ des Grafen, der in finanzieller Not befindlichen Menschen Geldbeträge bis zu 80.000 Mark für eine Niere anbiete. Das Ministerium veröffentlichte einen Brief des Grafen an einen Schuldner, dessen Anschrift Adelmann dem Bundesanzeiger entnommen haben soll. In dem Brief heißt es: „Sie sind jetzt rechtlich aussätzig, rechtlich gesehen wie aidskrank... Deswegen werden sich nur mehr die letzten Aasgeier an Sie heranmachen.“ Adelmann schlägt dann dem Angeschriebenen vor, eine Niere zu spenden oder: „Sie können auch die Niere Ihrer Frau oder die eines Ihrer Verwandten spenden“. Das Geschäft sei eine Transfusion, „eine Geldtransfusion für Ihr Weiterleben, eine Nierentransplantation für das Weiterleben als Krösus“.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der 26 deutschen Transplantationszentren, Prof. Pichelmayr, nannte Adelmann einen „Großbetrüger“. Allerdings werde der Graf „nirgendwo in Deutschland“ eine Niere verkaufen können. In der Bundesrepublik würden ausschließlich Nieren von verstorbenen Organspendern (in 95 Prozent aller Fälle) und von engen Verwandten (5 Prozent) übertragen. Pichlmayr wertete die Entscheidung Lands als moralische Reaktion auf die von Leuten wie Adelmann belastete Praxis der Organspende.

Neben Adelmann ist auch der Frankfurter Makler Rainer Scherer unter Beschuß geraten. Scherers Firma „Asia Transplant“ bietet eine Niere schon „für knapp unter 100.000 Mark“ an. Im Preis inbegriffen: medizinische Betreuung, Operation in einem asiatischen Krankenhaus und Flugticket für einen Partner. Der Spender bekommt allerdings bei „Asia Transplant“ nur 30.000 Mark.

Bundesärztekammer und die Arbeitsgemeinschaft der Transplantationszentren wehren sich dagegen, daß „das kultivierte Verständnis der Organspende“ (Pichelmayr) durch solche Machenschaften diskreditiert wird. Peter Knuth von der Bundesärztekammer forderte die Bürger verstärkt zu Organspenden bei Todesfall auf. Nur aufgrund der Mangelsituation von Organen verstorbener Spender könnten Organhändler ihre Geschäfte betreiben. Im vergangenen Jahr sind in der Bundesrepublik 1.711 Nieren transplantiert worden. Außerdem wurden etwa 250 Herz- und 150 Leber -Transplantationen durchgeführt. Zugleich gebe es aber über 4.000 Nierenkranke, die auf eine Transplantation warten.

b.p./-man