„Droste“ verurteilt

Berlin (taz) - Unter dem Filmfoto eines elendig sterbenden Soldaten stand auf der taz-Medienseite vom 19.10.87 ein Text, der gestern das Amtsgericht Tiergarten beschäftigte. Das Geschäft der Bundeswehr sei „das Totmachen von Menschen“, und so zeige „die kriminelle Vereinigung“ Bundeswehr, was in ihr steckt: Kameraden der „Wehrsportgruppe Wörner“, auch bekannt als „Bundeswehr“, zeigen, wie sie sind: „dumm, stark und wasserdicht“. Durch Zufall erfuhr Staatsanwalt Doms - bekannt aus mehreren taz -Verfahren -, daß „Droste“ kein Pseudonym, sondern ein Name ist und klagte den Medienredakteur Wiglaf Droste an.

Der Inkriminierte werde wegen seines „ehrverletzenden Artikels, mit hinreichender Sicherheit überführt werden“, schrieb Doms selbstsicher in der Anklageschrift. Einen Beweis, daß jener mysteriöse „Droste“ tatsächlich mit dem taz-Redakteur Wiglaf Droste identisch ist, konnte das Gericht nicht bringen. Verteidiger Christian Ströbele präsentierte das Berliner Telefonbuch mit 52 verschiedenen Drostes. Das imponierte dem Gericht wenig, verwirrte jedoch den Staatsanwalt, der noch nicht einmal einen Beweisantrag formuliert hatte. Als er diesen in einer dreiviertelstündigen Prozeßpause endlich gebastelt hatte, wollte ihn Richterin Fruschki-Hoch gleich selbst vorlesen. Nicht gerade ein Zeichen von gerichtlicher Unabhängigkeit.

Trotz alledem reichte der Richterin die Identitätsvermutung zur Verurteilung. Die Forderung des Staatsanwalts auf satte 160 Tagessätze a 30 Mark, (die noch niedrig bemessen seien, so Doms, weil er wisse, daß man bei der taz nicht so viel verdiene), reduzierte sie zwar auf 100. Es bleibe aber der Angriff auf die Menschenwürde der Soldaten und so soll Wiglaf Droste nun 3.000 Mark bezahlen.

Droste, der sich nur zur Person und nicht zu „Droste“ äußerte, hat Rechtsmittel eingelegt. Womöglich wird in zweiter Instanz auch inhaltlich debattiert, ob das Soldatengeschäft nicht wirklich das „Totmachen von Menschen“ ist.

-müll