Bonn duldet Hempels Atomschiebereien nach Asien
■ Dokumente in der taz belegen: Düsseldorfer Atomdealer Hempel lieferte Schweres Wasser seit den 70er Jahren nach Pakistan / Die Geschäfte der Hempel-Firma ab heute vor dem Bonner Atom-Untersuchungsausschuß
Berlin (taz) - Die Kette der strahlenden Schwarzgeschäfte des Düsseldorfer Kaufmanns Alfred Hempel ist um ein Glied länger. Der taz vorliegende Dokumente bestätigen, daß Hempel über seine weitverzweigte Firmengruppe Schweres Wasser auch nach Pakistan geliefert hat. Die Lieferungen gingen in größerem Umfang bereits Mitte der 70er Jahre in die traditionell verfeindeten Länder Pakistan und Indien. Schweres Wasser dient als Moderator für bestimmte Atomreaktoren, in denen sich aus Natur-Uran ohne aufwendige Anreicherung waffenfähiges Plutonium gewinnen läßt.
Der Atom-Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages wird sich ab heute mit den Aktivitäten der Firma Hempel befassen. Das Unternehmen belieferte neben Pakistan auch andere Atombomben-Aspiranten wie Indien, Südafrika, Argentinien und wahrscheinlich auch Israel über Jahre mit Schlüsselkomponenten für deren Atomprogramme.
Nach Ansicht des amerikanischen Proliferations-Experten Milhollin, der heute in Bonn in Sachen Hempel aussagen wird, haben erst Hempels Schwerwasser-Lieferungen Indiens Atomiker zu einer Jahresproduktion von rund 200 Kilogramm Plutonium verholfen. Bewahrheite sich der Verdacht, so SPD -Ausschußmitglied Soell, stehe man vor „systematischen Umgehungen und auch De-facto-Verletzungen des Atomwaffensperrvertrages“.
Mit den bislang ans Licht gekommenen Transaktionen der Hempel-Gang, so schwante Soell, sei womöglich nur die Spitze eines Eisbergs sichtbar geworden. Der Mann liegt richtig: Der taz-Reporter fand ehemalige Hempel-Partner und schmökerte in bislang vertraulichen Amts- und Firmenakten. Fazit: Die Bundesregierung, mehrfach gewarnt von befreundeten Regierungen und Geheimdiensten, war frühzeitig über Hempels Atomschiebereien rund um den Globus im Bilde und hielt bis heute still. Tagesthema Seite 3
