Nachgerechnet

■ „Grundschulkonferenz“ kritisierte offizielle Zufriedenheit mit Klassenfrequenzen / Trotz Korridor keine neuen LehrerInnen

Eine „Gegenrechnung“ zur offiziellen Zufriedenheit mit der LehrerInnen-Austattung der Bremer Grundschulen machte gestern die „Ständige Grundschulkonferenz“ auf. Darin sind der Zentralelternbeirat, die GEW, die Bildungs -Arbeitsgemeinschaften der SPD und der Grünen sowie VertreterInnen des Primarstufen-Studiengangs der Uni zusammengeschlossen. Damit auch der Bürgermeister etwas zum Zählen bekommt, übergaben Mitglieder der „Konferenz“ nach dem Pressetermin 3.000 Unterschriften gegen den Einsatz von GymnasiallehrerInnen an Grundschulen im Rathaus an Bürgermeister Wedemeier. Der beauftragte flugs seinen Bildungssenator, die Zahlenangaben der „Konferenz“ nachzurechnen.

1:13 betrage das Schüler-Lehrer-Verhältnis in Bremen, hatte Senator Franke vor vier Wochen stolz verkündet. In diese Rechnung waren jedoch auch alle Arbeitskräfte einbezogen worden, die in der Schulverwaltung Dienst taten, mit Kindern aber überhaupt keinen Kontakt hatten, fand die Grundschulkonferenz heraus. Gestern korrigierte die Bildungsbehörde ihre eigene Zahl denn auch auf 1:18. Doch auch damit läge Bremen „zusammen mit Berlin im bundesweiten Vergleich in einer Spitzenposition“. Und das umso mehr, wenn man die heutigen Klassenfrequenzen mit denjenigen vor 13 Jahren vergleicht: 1975 kümmerte eine Bremer Klassenlehrerin sich noch durchschnittlich um 32 kleine SchülerInnen, heute sind es nur noch 21.

50 zusätzliche Lehrkräfte würden in diesem Schuljahr im Bereich der Grundschule benötigt. So hatte es die Bildungsbehörde selber errechnet. Der Bedarf sollte vor allem durch Umsetzungen von Sek-II-Lehrern in die Primarstufe gedeckt werden. Doch dazu fanden sich nur neun der hochbezahlten Lehrkräfte bereit, obwohl sie mit Stundenerlaß bei

gleichbleibenden Gehältern geworben wurden.

„Der Bedarf am 50 Lehrerstellen ist ein planerische Größe, die nicht auf die Abdeckung eines unmittelbaren Bedarfs bezogen ist“, erwiderte die Behörde auf den Vorwurf der Grundschulkonferenz, unter den unbesetzten Primar-Stellen müßten nun die Kinder leiden.

Als „Augenwischerei“ bezeichnete die Grundschulkonferenz schließlich den „Einstellungskorridor“, durch den der Senat 51,5 zusätzliche Stellen in den Bremer Schuldienst schleusen wollte. Denn 46,5 dieser Stellen seien mit LehrerInnen besetzt worden, die auch zuvor schon - allerdings nur mit befristeten Verträgen - im Schuldienst gearbeitet haben. Tatsächliche Neueinstellungen in den Schuldienst habe es jedoch nur drei gegeben. Zwei dieser LehrerInnen seien zudem die Ehegattinnen von Professoren, die an die Bremer Universität geworben werden sollten. Sie würden nicht in der Primarstufe arbeiten.

„Wir haben die Befürchtung, daß das in den nächsten Jahren nicht anders sein wird, und am Ende von dem Einstellungskorridor nichts übrig bleibt“, formulierte Heilke von der Ahe für die Grundschulkonferenz die Kritik an der Bildungsbehörde. Die gab gestern zwar zu, daß es bisher tatsächlich „vorrangig zur Weiterbeschäftigung von Lehrern, aber auch zur Aufstockung von Unterrichtsstunden einzelner Lehrer“ gekommen sei, kündigte aber an: „Künftige Einstellungsraten aus dem Korridor werden überwiegend für Neueinstellungen verwendet werden, ein Großteil davon an Grundschulen.

Spätestens in einem Jahr, wenn in der SPD-Fraktion die Haushaltsberatungen für das übernächste Jahr beginnen, wird die Grundschulkonferenz daran erinnern und mal wieder nachrechnen...

Ase