Sumpf

■ Wittgenstein, Geld und grüne Moral

Was sind schon zwei bis drei Millionen? Bundesdeutsche Bau und Waffenbeschaffungsskandale sind gewöhnlich kostspieliger. Ist das die Haltung der grünen Bundesvorständler? Daß sich die grüne Parteispitze mit der Affäre um das Haus Wittgenstein nahtlos in die Skandalchronik der Altparteien einreiht, mag man aus einer weiter entfernten Sichtweise als einen besonders vehementen Beitrag zur Normalisierung der Partei ansehen. Daß diese ganze Utopistik vom anderen Politikbegriff, von Basisdemokratie und totaler Transparenz durch die Realität zerrieben werden würde, lehrte schon die Lebenserfahrung. Aber daneben hatten die Grünen schließlich einmal, bei der Flick-Affäre, den Anspruch vertreten, daß Moral und Politik zusammengehen müsse. Dieser Erfolg ist nun dahin.

Aber es geht gar nicht mehr um Steuerhinterziehung, fragwürdige Abrechnungen oder Vertuschungen. Die Bundesvorständler haben abhängige Angestellte geopfert, Parteiinstanzen und Mitglieder eingeschüchtert; sie haben nicht nur die Glaubwürdigkeit der Partei preisgegeben, sondern auch begonnen, die Parteistruktur von oben her zu zerstören, das heißt, in ein System mafioser Abhängigkeit zu bringen versucht.

Da sie offensichtlich nicht gewillt sind, ihre Verantwortlichkeit zu akzeptieren und zurückzutreten, da sie sich vielmehr mit der verzweifelten Energie eines Barzel oder Barschel an die Ämter klammern, muß die Partei reagieren. Es handelt sich nicht mehr um Fehlentwicklungen im grünen Feuchtbiotop, sondern um regelrechten Sumpf. Und der politische Spielraum der Partei ist zeitlich beengt, er endet spätestens mit einer Anklage in Sachen Wittgenstein.

Klaus Hartung