Fieser Fisch und frische Frau

■ Die „Florida Shark Show“ am Rande des Freimarkts: Sieben Haie in einem Aquarium lassen sich von einem mutigen Mädchen nicht aus der Ruhe bringen

Was waren das doch für Zeiten, als Schwert- und Feuerschlucker, Motorradartisten, Männer ohne Kopf und Damen ohne Unterleib als marktschreierische Matadore

der Freimarkt-Kleinkunst Zelte und Buden füllten. Mit solch bodenständigen Tricksereien ist in der Zeit von Zombos, Zorros und anderen Monstern kaum ein Mensch mehr an die Kasse zu locken.

Wer bei den Festen des Volkes kräftig absahnen, und nicht in Super-Shuttles oder Freßbuden machen will, muß sich Gefährlicheres ausdenken: Zum Beispiel eine „Florida Shark Show“. Was das ist? Zunächst mal hat das mit Florida überhaupt nichts zu tun. Und ein „Shark“, also eine Hai-Show ist es auch schon lange nicht. Denn im Gegensatz zu den Artgenossen mit dem ewigen Grinsen, den Delphinen, geht den furchterregenden Säugern mit dem fiesen Blick jedes Show -Talent ab. Als Hauptfiguren einer Hai-Show muß jemand anderes her: Vorzugsweise ein Mädchen, hübsch-harmlos anzusehen und noch besser: „aus der Karibik“.

Mit den Zutaten fieser Fisch und frische Frau versucht derzeit „Jonny Barber's Florida Shark Show“ alle halbe Stunde die Halle II am Rande des Bremer Freimarkts vollzubekommen. Mit re

spektablem Erfolg: Immerhin 100 Leute haben sich am Samstag nachmittag um 16.00 Uhr auf den Holzbänken niedergelassen, um für fünf Mark mitzuerleben, wie ein „junges, mutiges Mädchen mit den Haien spielt“.

Vorhang auf, das Drama kann beginnen: Lethargisch räkeln sich sieben Meeresmonster auf dem Boden des „größten transportablen Seewasser Aquariums der Welt“ (Eigenwerbung), Inhalt: 30.000 Liter Seewasser. Zitronen- und Ammenhaie sind das, klärt der Conferencier auf, wobei sich insbesondere letztere durch große Faulheit auszeichnen. Und nun passierts: Langsam gleitet ein Mädchen, ein karibisches im buntgestreiften Badedress, in das Wasser. „Miss Liane“ ist das, wird das Publikum aufgeklärt. Behutsam bewegt sie sich durch das Wasser, auf die faule Amme zu.

Ob das nun ausschließlich Charakter ist, oder ob die etwa 20 Kilo Kabeljau und Schellfisch, die so ein Hai täglich verspeist, dafür Sorge tragen: Die sieben Schrecken der Meere verhalten sich so puztig, wie die Goldfische bei der

Tante im Aquarium. Jetzt nimmt Liane eine Amme auf den Arm und hebt sie vom Grund auf. Lebensgefährlich ist das, wird uns erzählt. Denn die Haie haben eine Haut wie Sandpapier. Eine unglückliche Bewegung, ein Kratzer, ein Tropfen Blut und schon wäre Miss Liane aus der Karibik ein Opfer der scharfen mehrspitzigen Zähne.

Miss Liane ist aber ungemein behutsam mit dem etwa zwei Meter langen glitschigen Sandpapier. Und so kann sie sich nach etwa fünf Minuten mit einem kräftigen Tritt vom Boden abstoßen. Raus aus dem Becken, rein in den Frotteemantel. „Das ist noch einmal gutgegangen“, ist der Conferencier erleichtert. Der Vorhang geht zu. Bis zum nächsten Mal in einer halben Stunde.

Einen ganzen halben Tag muß Miss Liane immer wieder zum Kurzbaden ins Aquarium. Am frühen Abend wird sie dann von ihrer Kollegin abgelöst. Außer, wenn die gerade ihre Tage hat. Dann muß Miss Liane den ganzen Tag 'ran, denn das wäre dann doch ein bißchen gefährlich.

hbk