Zukunft, Träume und Freiheit

Die Stadt nach den Wahlparteitagen  ■ K O M M E N T A R

Die Entscheidung fällt schwer. „Zukunft“ bietet die CDU für die nächsten vier Jahre an, von der SPD ist „Freiheit“ zu erwarten. Wer wünscht sich da nicht spontan eine große Koalition. Die AL erinnert vorwurfvoll an Träume, denen sie angeblich noch Leben schuldet und die liberale Koalitionspartei hat ihr Bekenntnis zu CDU abgegeben. Die Parteien vor der Wahl verbreiten in erster Linie eins, und das ist Langeweile. Daran kann auch der kulturelle Aufbruch, den die SPD probt, nichts ändern. Die Alternative Liste hat zwar KandidatInnen, die auf Qualität in der parlamentarischen Arbeit hoffen lassen, programmatisch aber ist die Partei in der Sackgasse. Die CDU sitzt mächtig im Sattel, hofft großspurig auf die absolute Mehrheit und weiß doch gleichzeig sehr genau, daß ihre Macht nur aus der Ohnmacht der anderen Parteien rührt.

Der Senat, so scheint es, wächst an den Skandalen, die er überlebt. Daß die mächtige Volksabstimmung für den Weißen Kreis, initiiert von der SPD, papiernes Bekenntnis blieb, läßt die Kraft und Glaubwürdigkeit der Opposition schwinden. Die BerlinerInnen hingegen haben sich daran gewöhnt, daß ihre Stadt Schlagzeilen in den westdeutschen Medien macht. Berlin hat ein kurzes Gedächtnis. Wer spricht heute noch von Antes und dem Bauskandal oder gar des Postminister Schwarz -Schillings Bleischleuder „Sonnenschein“. Die Skandale der Vergangenheit sind längst durch die der Gegenwart abgelöst. In der Stadt, in der der Begriff Freiheit immer in Richtung Osten gebetet wird, darf der Innensenator auf der Pressefreiheit rumtrampeln. Die Mehrzahl der Berliner schaut nicht zurück und auch nicht genau hin, sondern mit der CDU in jede Menge Zukunft. Sie sehen einen Sportpalast und träumen von Olympia, glauben an Visionen und vergessen dabei ihre Hühneraugen.

Selbst die Vorstellung, dieser Senat sei abzulösen, fällt schwer. Rot-Grün scheitert nicht nur an der SPD, die AL weiß nicht einmal, ob sie überhaupt regieren will. Sozial-liberal ist ausgeschlossen, so gern auch Walter Momper den bewährten Zustand herbeiführen möchte. Das Einzige, worüber die CDU im Moment stolpern kann, ist ihre eigene Trägkeit.

Brigitte Fehrle