Die historische Fehde vom Rhein

■ Das Finale im American Football gewinnen die Red Barons Cologne, Favoriten waren die Düsseldorf Panthers / Die Rivalität der Städte, auch im Eishockey zu spüren, datiert aus dem Jahr 1288

Berlin (taz) - Das Tor zum Innenraum, das die Spieler durchschreiten werden, ist in rot-schwarzen Nebel gehüllt. Die Cheerleaders mit Pompoms und in kurzen Röckchen bilden ein Spalier vor dem Eingang, die britische „Regimental Band“ mit den Dudelsack-Pipers ist verstummt. Der Nebel zieht über den Rasen des Berliner Olympiastadions, und aus ihm heraus treten die Aktiven, 45 Spieler je Mannschaft, in martialischer Montur.

Nach dem Kick-Off stellen sich die Teams in Position. 22 breitschultrige Gestalten neigen die Oberkörper wie angriffslustige Stiere. Was jetzt zählt, ist die richtige Strategie. Der Quarterback, der Spielmacher des angreifenden Teams, gibt per Codeword an, mit welchem Spielzug der Gegner überlistet werden soll. Der mittlere Linienspieler nimmt den eiförmigen Ball auf, damit ist das Spiel eröffnet.

Die favorisierten Düsseldorfer Panther haben bei diesem Finale um die Meisterschaft einen schweren Stand. In keiner Phase dominieren sie die Red Barons Cologne, die sie in der vergangenen Saison zweimal bezwingen konnten; es will einfach nichts gelingen. Obgleich sie im ersten Viertel durch einen fantastischen Lauf über 95 Meter ihren ersten Touchdown holen (s. Football in der BRD), gewinnen die Kölner diesen Spielabschnitt mit 9:7. Düsseldorf ist nicht in der Lage, den herausragenden Kölner Quarterback Mel Crandell und seine Traumpässe zu stören. Der kann seine punktgenauen Weitwürfe in aller Ruhe an den Mann bringen. Die beiden für viel Geld extra für dieses Spiel eingekauften und -geflogenen US-Profis haben sich für Köln bereits nach den ersten zehn Minuten bezahlt gemacht. Vor allem Tyron Burnett, die Nummer Sieben. Sind die Pässe von Crandell erst einmal bei ihm angekommen, ist er kaum noch zu bremsen. Gegen das Teamwork dieses Duos finden die Düsseldorfer einfach kein Rezept.

Die Panther versuchen kurz vor Schluß, die Niederlage abzuwenden, holen auch einmal bis auf zwei Punkte auf, aber das Spiel geht verloren: 20:25. Eine schmerzliche Sache für die Düsseldorfer, die alle bisherigen Spiele gegen Köln gewonnen haben. Eine schmerzliche Sache auch noch aus anderen Gründen: Wer glaubt, ein Spiel Köln-Düsseldorf sei ein Spiel wie jedes andere, täuscht sich. Das ist im Eishockey so und im Football nicht anders.

Was sich die Düsseldorfer und die Kölner seit Jahren auf sportlichem Gebiet leisten, gehört historisch betrachtet in eine Zeit, in der die Fehde noch fest im Repertoir des öffentlichen Austausches war. Die Intrigen, die hinter den Kulissen zwischen den Vereinen ablaufen, gehen spektakulär über die Bühne, nicht selten enden sie auch noch vor dem Richter.

Es gibt ein ausgeprägtes Personenkarussell zwischen den beiden Städten. Der beste Spieler dieses Tages, der Kölner Mel Crandell, spielte über fünf Jahre bei den Düsseldorfern, ehe er vor zwei Jahren zu den Red Barons wechselte. Im Eishockey ist es ähnlich: Kölns EC-Manager Detlev Pabst war noch im vergangenen Jahr Schatzmeister bei der Düsseldorfer EG. Der Kölner Torhüter Helmut de Raaf wechselte für eine ansehnliche Ablösesumme nach Düsseldorf. Die Kölner, nun ohne Torhüter, griffen notgedrungen auf Peppi Heiß zurück, für den Düsseldorf keine Verwendung mehr hatte. Kein Wunder, daß das Eishockeyspiel zwischen den Kölner Haien und der DEG zu den brisantesten der ganzen Bundesliga gehört.

Im Eishockey hat Düsseldorf in den vergangenen Jahren den Kölnern den Vortritt lassen müssen, auch am Freitag wurde wieder mal verloren. Im Football war es bislang umgekehrt: Köln hatte gegen Düsseldorf nichts zu melden. Wer will es den Düsseldorfern verübeln, daß nach dem verlorenen Eishockey-Match in Köln direkt mehrere Busladungen Fans von der Eishalle nach Berlin aufbrachen? Einmal wenigstens gegen Köln gewinnen! Nichts wurde daraus.

Es ist kaum zu glauben, aber Düsseldorf, das in diesem Jahr sein 700jähriges Bestehen feiert, führt seine Gründung auf ein Ereignis aus dem Jahre 1288 zurück: die Schlacht der Düsseldorfer bei Worringen gegen die Kölner Bischöfe. Und aus Worringen kommen die Red Barons Cologne. Feindschaften legen oft eine erstaunliche Standfestigkeit an den Tag.

Wilhelm Purk