„Weißer Ring“ kämpft unerschrocken

Delegiertenversammlung der Verbrechensbekämpfer in Husum / Eduard Zimmermann als Vorsitzender bestätigt / Vorstandsmitglied fordert mehr „Celler Löcher“ / Staat soll für Schäden durch Hafturlauber haften  ■  Aus Husum Jürgen Oetting

Fernsehfahnder Eduard Zimmermann war nicht besonders glücklich. Die erste Bundesdelegiertenversammlung seines „Weißen Rings zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten“ in der Husumer Kongreßhalle verlief nicht ganz nach seinem Geschmack.

Dabei hatte alles so „nett“ angefangen bei der ersten Versammlung mit den Delegierten, da die Zahl der Mitglieder auf 32.000 angewachsen ist. Das erkrankte Vorstandsmitglied Manfred Schreiber - ehemaliger Münchner Polizeipräsident und jetzt Ministerial-Direktor im Innenministerium - ließ von einem Schauspieler ideologische Hard-core-Ware verlesen. Staat und Gesellschaft seien zu marode und machten es Verbrechern leicht: „Wer nicht einmal ein Loch in eine Strafanstalt sprengen darf, um eine Terrorgruppe zu überlisten, kann auch keinen Rauschgiftring sprengen.“ Solche Aussagen wurden vom Plenum mit stiller Freude registriert.

Nur einer hielt dagegen - auch ein ehemaliger Polizeipräsident: Klaus Hübner aus Berlin. Er bezeichnete das Celler Loch als „ein Loch, das man in die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaates gesprengt hat.“ Für diese liberale Frechheit mußte er büßen. Bei den Vorstandswahlen Hübner kandidierte wieder für den Posten des Berliner Regionalbeauftragten - erhielt er 38 Gegenstimmen. Dabei sind Gegenstimmen beim Weißen Ring überhaupt nicht üblich. Denn die Satzung des Vereins ist von alt-osteuropäischer Machart: der Vorstand schlägt vor - das Plenum wählt.

Eduard Zimmermann wurde denn auch mit nur zwei Gegenstimmen als Vorsitzender der Opferhilfe-Organisation für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt, mit ihm der gesamte Vorstand in seiner bisherigen Zusammensetzung. Zimmermann forderte in seinem Bericht vor den rund 400 Delegierten eine Haftung des Staates für Schäden, die bei wiederholten Straftaten durch Freigänger und Hafturlauber entstünden. Der Staat müsse die Verantwortung für falsche Entscheidungen über Haftvergünstigungen übernehmen.

Der „Weiße Ring“ wolle sich in Zukunft verstärkt für die Einführung des „Verursacherprinzips beim Schutz der Bürger vor vermeidbaren Straftaten einsetzen“. „Was für den Umwelt und Verbraucherschutz gilt, muß auch beim Schutz der Bürger vor Gewalttaten gelten“, sagte Zimmermann.

Die vor der Versammlung von einem ehemaligen Ring -Mitarbeiter im 'Spiegel‘ erhobenen Vorwürfe, nach denen Zimmermann überhöhte Zahlen von Kriminalitätsopfern publiziert habe, wurden vom TV-Blockwart und seinem Generalsekretär Dieter Eppenstein zurückgewiesen.

Der Weiße Ring lege eben strengere Maßstäbe als amtliche Stellen an, wenn Opfer gezählt werden. Schließlich muß die düstere Law-and-order-Ideologie der barmherzigen Biedermänner mit eindrucksvollem Zahlenmaterial unterfüttert werden.