Schwierige Verhandlungen in Polen

Prof.Andrezj Stelmachowski, Sprecher der katholischen Kirche und offizieller Vermittler zwischen polnischer Opposition und Regierung, zu den Vorbereitungen des Round-table-Gesprächs  ■ INTERVIEW

taz: Wie ist zur Zeit der Stand der Verhandlungen?

Stelmachowski: Im Moment sind wir in einem sehr schwierigen Stadium. Das heißt, die Verhandlungen zur Vorbereitung der Round-Table-Gespräche gehen dem Ende zu, aber die notwendigen politischen Entscheidungen sind noch nicht gefallen.

Die Zukunft ist sehr unsicher, unter anderem aufgrund ziemlich deutlicher Gegenarbeit von Seiten der Gegner dieser Gespräche und der Gegner von Veränderungen überhaupt. Ob es uns gelingt, das alles positiv zu erledigen, wissen wir nicht. Die Chancen stehen im Moment fünfzig zu fünfzig.

Angeblich lehnt die Regierungsseite die Teilnahme von Jacek Kuron, Adam Michnik und Janusz Onyszkiewicz an den Verhandlungen am runden Tisch ab.

Ich möchte nicht auf Einzelheiten eingehen, denn die Sache ist sozusagen im Fließen. Verschiedene Namen sind Gegenstand der Debatte. Mir wäre es lieber, wir würden darüber nicht reden. Das kann nur schaden. Außerdem ändert sich die Lage ja dauernd.

Wir wirken sich auf die Verhandlungen Regierungswechsel und insbesonderde die Tatsache aus, daß Rakowski Premier geworden ist?

Das hat einen gewissen Einfluß. Meiner Ansicht nach ist diese Regierung nicht optimal. Es ist aber wichtig, daß eine Gruppe von Vertretern der sogenannten Schwerindustrielobby die Regierung verlassen mußte, die sogenannte Kattowitzer Lobby.

Diese Gruppe hat sehr darauf geachtet, daß gewisse ökonomische Privilegien erhalten blieben, die sich in den letzten 30 Jahen herausgebildet haben. Das betrifft vor allem den Vorrang für die Schwer- und Hüttenindustrie.

Und es ist klar, daß diese Privilegien und Prioritäten verschwinden müssen, soll die Wirtschaftsreform verwirklicht werden. Und indem sie diese wirtschaftlichen Prioritäten verteidigte, stellte die Kattowitzer Lobby auch den extrem konservativen Flügel der Partei dar. Die Umstände, unter denen diese Leute gehen mußten, haben eine gewisse positive Bedeutung.

Die Umstände wären günstiger, wenn es gewisse Leute nicht abgelehnt hätten, in die Regierung einzutreten. Man hat es ja Paszynski und Trzeciakowski angeboten, aber sie wollten nicht.

Das wäre zu früh gewesen. Alles zu seiner Zeit. Die Beteiligung an der Regierung wird vielleicht möglich werden nach gewissen Übereinkommen, wegen denen der runde Tisch ja zusammentritt.

Wenn diese Leute vorher eintreten würden, könnte das sogar schaden. Denn das hieße, die Regierung unterstützen, bevor es zu konkreten Entscheidungen gekommen ist. Mir scheint, sie haben richtig gehandelt, abzulehnen. Andernfalls hätten sie vielleicht auch das Vertrauen der Gesellschaft verloren.

Waren außer Paszynski und Trzeciakowski noch andere Personen im Gespräch?

Es war noch von anderen die Rede, aber die will ich hier nicht nennen, weil ich die Informationen nur aus zweiter Hand habe. Ich war jedenfalls nicht darunter.

Aus Teilnehmerkreisen ist zu hören, es gebe sozusagen zwei „runde Tische“, einer in größerem Kreis und eine kleine Runde, an der nur Walesa, Kiszczak und Sie teilnehmen.

Das ist die Vorbereitungsgruppe. Normalerweise werden vorbereitende Dinge zwischen ZK-Sekretär Czyrek und mir abgesprochen, manchmal ist es aber notwendig, wichtigere Sachen direkt zu erledigen, dazu gibt es dann diese Gespräche, aber sie sind nur vorbereitend.

...nicht vorentscheidend?

Nein, sie betreffen eher organisatorische als inhaltliche Dinge. Manchmal kommen auch wichtigere Sachen vor, aber diese Gespräche sind nicht die eigentlichen Verhandlungen.

Gibt es, nachdem der gestrige Termin verschoben worden ist, nun einen neuen Zeitpunkt für die Gespräche?

Ein neuer Termin ist noch nicht vereinbart. Im Moment gibt es intensive Vorbereitungen, aber hinter den Kulissen.

Das Interview führte Klaus Bachmann