NS-Mörder will politisches Asyl

Der wegen Ermordung von 200 Menschen in der Sowjetunion verurteilte Kriegsverbrecher Beleslaw Maikowski lebt seit einem Jahr in Münster / Asylantrag vom Oktober 1987 / Kein Haftbefehl in der Bundesrepublik / Flucht aus den USA vor Auslieferung an die UdSSR  ■  Von Gerd Nowakowski

Berlin (taz) - Der aus den USA geflohene Kriegsverbrecher Beleslaw Maikowski hält sich bereits seit einem Jahr in der Bundesrepublik auf und hat im Oktober 1987 in Münster einen Antrag auf politisches Asyl gestellt. Über das Verschwinden des Mannes, kurz vor der bevorstehenden Auslieferung an die Sowjetunion, hatte am vergangen Wochenende die 'New York Times‘ berichtet. Der geborene Lette Maikowski war 1965 in Abwesenheit von einem sowjetischen Gericht wegen seiner Taten als Polizeikommandant einer von der deutschen Besatzung aufgestellten Sonderpolizeitruppe zum Tod verurteilt worden. Dem Urteil zufolge hat er 1942 die Massenverhaftung von Einwohnern des lettischen Dorfes Audrini angeordnet. Das Dorf wurde bei der Terror-Aktion niedergebrannt, die 200 BewohnerInnen später ermordet.

Maikowski hatte sich nach dem Krieg in die USA abgesetzt und die US-Staatsbürgerschaft erworben. Seit 1976 lief auf Ersuchen der Sowjetunion ein Auslieferungsverfahren, daß sich durch meherere Berufungsinstanzen zog und 1986 endgültig mit einer Deportationsanweisung für Maikowski endete. Eine Ausweisung des heute 84jährigen erfolgte jedoch nicht. Nach Protesten einer jüdischen Gruppe mußte das US -Justizministerium gegenüber der 'New York Times‘ einräumen, man habe erst vor wenigen Tagen erfahren, daß Maikowski außer Landes sei. Das Justizministerium betonte, Maikowski habe weder einen Paß noch andere Reisedokumente besessen. Man bemühe sich aber auch nicht um die Rückkehr, weil Maikowski ohnehin ausgewiesen werden sollte.

Wann und mit welchen Papieren Maikowski in die Bundesrepublik gelangte, ist bislang nicht bekannt. In Münster hat er sich nach Informationen der Polizei bereits seit Oktober letzten Jahres unter wechselnden Adressen aufgehalten. Am 20.Oktober 1987 hat Maikowski den Asylantrag gestellt. Der Sprecher des Bundes Fortsetzung auf Seite 2

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justizministeriums, Schmidt, erklärte, es läge kein Auslieferungsersuchen der USA vor.

In der Bundeszentralstelle für NS-Verbrechen in Ludwigsburg wurde bestätigt, daß auch in der Bundesrepublik in mehreren Fällen wegen NS-Verbrechen gegen Maikowski ermittelt wurde. Was aus den Verfahren wurde, die von der Ludwigsburger Vorermittlungsbehörde in den Jahren 1965 und 1976 an die zuständigen Staatsanwaltschaften in Kiel und Landau/Pfalz abgegeben wurden, war zunächst nicht zu klären. Sicher ist nach Aussage des Bundesjustizministeriums nur, daß es in der Bundesrepublik keinen Haftbefehl gegen Maikowski gibt. Nach einem Bericht der britischen Zeitung 'Sunday News‘ von 1974 soll Maikowski für die Ermordung von insgesamt 15.000 Menschen verantwortlich sein.