Mißtrauensantrag gegen Kewenig

Berliner Oppositionsparteien stellen Mißtrauensantrag gegen Innensenator Kewenig / Illegales Vorgehen der EbLT-Sondereinheit bisheriger Höhepunkt in der Skandallaufbahn des Senators  ■  Aus Berlin Wolfgang Gast

SPD und die Alternative Liste (AL) fordern jetzt in Berlin die Abwahl von Innensenator Wilhelm Kewenig. Als Reaktion auf Kewenigs Rechtfertigungen für die Übergriffe der Polizei auf JournalistInnen anläßlich der Tagung von IWF und Weltbank und nach dem neuerlichen Skandal um die polizeiliche Sondertruppe „EbLT“ wollen beide Fraktionen in der morgigen Parlamentsdebatte getrennte Mißtrauensanträge einbringen. Wie berichtet, hatte sich der Innensenator wiederholt vor seine Beamte gestellt und unter anderem erklärt, „am Tatort müsse die Pressefreiheit schon einmal zurückstehen“. Zuletzt sprach er bei einer Sitzung des Berliner Innenausschusses am Montag von einer noch „nie gekannten Behinderung des polizeilichen Einsatzverhaltens“. Die AL wirft dem Senator vor, statt der von ihm behaupteten Besonnenheit habe er auf Veranstaltungsverbote, Einkesselungen, brutale Schlagstockeinsätze und Massenfestnahmen gesetzt. In Anspielung auf Kewenigs Gerede vom „Berufsrisiko“ der JournalistInnen konstatiert die AL: „Das Berufsrisiko eines Verfassungssenators, der ein nachhaltig gestörtes Verhältnis zur Demonstrations- und Pressefreiheit hat, sollte sich in der Abwahl manifestieren.“

Zur Aufklärung der Vorwürfe gegen die Berliner Sondereinheit EbLT trug die Sitzung des Innenausschusses am Montag nicht bei. Weder der Innensenator noch der ebenfalls anwesende Polizeipräsident äußerten sich zu den Vorwürfen des innenpolitischen Sprechers der SPD, Pätzold.

Hans-Günther Lorenz, Mitglied der Parlamentarischen Kommission und SPD-Abgeordneter, nannte das illegale Vorgehen mehrerer EbLT-Beamte in der autonomen Szene einen „typischen Anlaß“ für einen Untersuchungsausschuß. Dieser soll eventuell nach der Abgeordnetenhaus-Wahl im Januar eingesetzt werden. Wie berichtet hatten mindestens drei Beamte unter Verwendung falscher Personalpapiere versucht, autonome Gruppen im Berliner Bezirk Kreuzberg zu unterwandern. Lorenz wollte dabei nicht auschließen, daß die zwei Männer und eine Frau auch als „agent provocateurs“ tätig geworden sind. Weil der Innensenator bislang jede Stellungnahme abgelehnt habe, liege „aber alles im Dunst“. Lorenz bedauerte weiter, daß selbst eine Entscheidung des Parlaments, die Berliner Skandal-Truppe aufzulösen, für den Innensenator nicht einmal bindend wäre. Eine derartige Entscheidung - wie sie SPD und Alternative Liste gefordert haben - liegt ausschließlich bei der Exekutive.