Belgrads ZK setzt auf Marktwirtschaft

■ Ein Drittel aller Mitglieder des jugoslawischen ZK sollen ausgewechselt werden / Slowenische Politiker setzen sich in Wirtschaftspolitik durch / Serbischer Parteiführer: „Marathonsitzung verkalkter Kommunisten“

Berlin (taz) - Als „Säuberung“ wollte der jugoslawische Parteichef Stipe Suvar den personellen Umbau in den Führungsgremien des „Bundes der Kommunisten Jugoslawiens“ nicht verstanden wissen. Aber immerhin mußten sich gestern zehn der 23 Mitglieder des ZK-Präsidiums dem Votum der ZK -Mitglieder stellen. Das Ergebnis der Abstimmung war bis Redaktionsschluß noch nicht bekannt. Und selbst der Parteivorsitzende sollte einer Vertrauensabstimmung unterworfen werden.

Der Rücktritt von vier Politbüromitgliedern war schon vorher vom Gremium angenommen worden. Suvar kündigte zu Beginn der Sitzung am Mittwoch vormittag an, daß innerhalb der nächsten sechs Wochen ein Drittel der gegenwärtig 165 Mitglieder des ZK „in geheimen Wahlen“ ausgewechselt werden sollen. Das ZK beschloß gestern auch, daß Partei- und Staatsämter getrennt sein sollen.

Überraschung löste in Belgrad die Nachricht aus, daß künftig nur solche Funktionäre ins ZK aufrücken sollen, die einer marktwirtschaftlich ausgerichteten Wirtschaftsreform verpflichtet sind. Mit dem Personalwechsel in Belgrad soll offensichtlich auch eine Richtungsentscheidung in der Politik des „Bundes der Kommunisten“ verbunden werden. Noch in der vorausgehenden Debatte waren sich die Exponenten der unterschiedlichen Parteiströmungen nur darin einig, daß die Führung Federn lassen müßte. Wertete der Parteiführer Serbiens Slobodan Milosevic das Treffen der Partei als „Marathonsitzung verkalkter Kommunisten“, so klagte dessen politischer Gegner, der Slowene Joze Slokar, darüber, daß die für die Misere Jugoslawiens verantwortlichen Politiker witerhin an ihren Sesseln klebten. Mit der Entscheidung hat das ZK auch empfohlen, in allen Landesteilen ähnlich zu verfahren.

Währenddessen laufen die Vorbereitungen für weitere nationalistische Massendemonstrationen in Serbien weiter.

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