Keine Konjunktur für Umweltschiffe

■ Zwei Unterweser-Werften bauten Ölauffang-Schiffe, beide sind pleite / Neuer Staats-Auftrag nicht vor 1990 / Vulkan wollte Sarstedt vor dem Konkurs nicht übernehmen / Vulkan-Direktor: „Sie kriegen wir billiger“

Zwei Werften gab es an der Unterweser, die landauf-landab lauthals gelobt wurden. Denn sie hatten sich flexibel auf die jahrzehntelange Werftkrise eingestellt: Sie bauten keine Ozeanriesen, sondern kleine Spezialschiffe, und das noch für einen besonders guten Zweck: für den Kampf gegen die Ölpest. Seit vorgestern gibt es sie beide nicht mehr. Die Lühring -Werft in Brake war schon im August pleite, die Sarstedt -Werft in Bremen-Rönnebeck meldete jetzt Konkurs an. Beide Werften hatten sich auf den Bau von Öl-Auffangschiffen spezialisiert.

Kein Staatsgeld

Als die Lühring Werft bankrott ging, entdeckte das Land Niedersachsen sein Herz für die Nordsee. Es schlug den anderen Küstenländern und dem Bund vor, außerplanmäßig ein weiteres Öl-Auffangschiff in der Elbemündung zu stationieren. Darüber verhandelte der „Öl-Unfallausschuß Seeküste“ im August in Bremen. Der Ausschuß akzeptierte die niedersächsische Idee, aber er enttäuschte die Hannoveraner in einem wichtigen Punkt: Kein Schiff aus dem niedersächsischen Brake wollten sie in der Elbemündung sehen, sondern den

MPOSS-Ölauffang-Katamaran der Bremer Sarstedt-Werft. Denn: Der Sarstedt-Katamaran ist wegen seinem geringen Tiefgang für Flußmündungen und Wattengebiete besser geeignet als die Klappschiffe aus Brake.

Sei's drum. Weder das eine noch das andere Schiff wurde bestellt. Die Gelder seien alle, stellte der „Partnerausschuß“, bestückt von Spitzenbürokraten der vier Küstenländer und des Bundes, Mitte September fest. Vor 1990 sei kein neuer Ölfänger finanzierbar. Lühring mußte alle Hoffnung fahren lassen. Seine idyllische Dorfwerft ist inzwischen „eingemottet“ und wartet auf einen Käufer-Prinz, der sie im nächsten Frühjahr wieder wachküßt. Bis zum 31. März, so haben die Gläubiger in der vergangenen Woche beschlossen, soll die Werft deshalb nicht unter den Hammer des Auktionators kommen.

Abhängig vom Vulkan

Als der „Ölunfall-Ausschuß“ sich so warm für seinen MPOSS -Ölfänger aussprach, hatte Werfteigner Horst Sarstedt schon keine Hoffnung mehr. Trotz Aufforderung legte er der Bremer Umweltbehörde kein schriftliches Angebot über ein neues

MPOSS-Schiff vor. Warum, das verstanden die Beamten erst, als sie gestern von dem Konkursantrag hörten.

An der Grenze der Zahlungsunfähigkeit manövrierte Sarstedt schon seit vielen Jahren. Bis 1985 baute das kleine Unternehmen Schiffsteile (Sektionen) für den

Bremer Vulkan. Auf dessen Gelände unterhält Sarstedt eigene Werkstätten und einen Bauplatz, wo Sarstedt-Arbeiter heute Bleche für die Vulkan-Werft beschichten. Die Unteraufträge für den Vulkan, sie machten zuletzt 90 Prozent der Beschäftigung aus, sollen der Werft statt Gewin

nen große Verluste gebracht haben. Schon vor einem Jahr mußte Sarstedt 30 Schiffbauer entlassen. Die im Sozialplan vereinbarten Abfindungen konnte das Unternehmen nur in kleinen Raten zahlen. Die IG Metall ließ sich darauf ein, „weil wir die Werft sonst in den Konkurs getrieben

hätten“, wie IGM-Sekretär Hans Schröder gestern sagte. Heute arbeiten noch 72 Leute auf der Werft.

Ihr Rückgrat sollten die Ölauffang-Schiffe sein, die das Unternehmen in Zusammenarbeit mit MBB-Erno entwickelt hatte. Allerdings: Nur ein einziger MPOSS-Katamaran wurde gebaut. Er ist in Bremerhaven stationiert und hat sich besonders bei „kleinen“ Ölunfällen in küstennahen Gewässern bewährt.

Baut Vulkan die

Ölfänger weiter?

Möglicherweise werden die MPOSS-Ölfänger trotz der Sarstedt -Pleite in Zukunft wieder gebaut - bei der Vulkan-Werft. Denn schon vor dem Konkurs wollte Horst Sarstedt seinen Betrieb mitsamt den Schulden beim Vulkan unterbringen. Die Verhandlungen seien durch den Konkurs-Antrag überholt worden, hieß es gestern aus dem Vulkan-Vorstand. Insider berichten anderes: „Ihren Betrieb kriegen wir in Kürze billiger“, sollen die Vulkan-Unterhändler gesagt haben. Recht hätte er. Denn im Konkursverfahren verzichten die Gläubiger auf den größten Teil ihrer Forderungen.

Michael Weisfeld