Noch eine Alibifrau?

■ Frauen des Notruf-Telefons luden die Staatsanwältin und Leiterin des Sonder- dezernats für vergewaltigte Frauen, Regina Splett, zur Podiumsdiskussion

„Chance oder Alibi“ lautete die Frage, mit der Frauen des Notruf-Telefons, der AL und des AStA der FU dem neuen Sonderdezernat für vergewaltigte Frauen bei der Staatsanwaltschaft auf den Zahn fühlen wollten. Im Rahmen ihrer bundesweiten Aktionswoche gegen Vergewaltigung hatten die Ladies zu einer Podiumsdiskussion im TU-Mathematkgebäude geladen. Neben der Leiterin der Polizeiinspektion für Delikte gegen sexuelle Selbstbestimmung, Ellen Karau, den Vorsitzenden Richter am Landgericht, Andre Falkenberg und der Rechtsanwältin Gisela Leppers gaben sie der Staatsanwältin Regina Splett das Wort. Diese nahm den Anwesenden schnell die Hoffnung, daß sich in nächster Zukunft bei Gerichtsverhandlungen etwas zugunsten von sexuell mißbrauchten Fruen und Kindern ändern würde. Denn als loyale Beamtin ist sie „an erster Stelle Jurist“ und an zweiter Stelle weiblich, ohne einen erkennbaren feministischen Ansatz.

Eigentlich sei der Zeitpunkt verfrüht, um nach dreieinhalb Monaten etwas über ihre Arbeit zu sagen, erklärte Regina Splett anfangs, konnte sich aber im Verlauf der Debatte noch zu einigen Bemerkungen überwinden. Nach ihrer siebenjährigen Tätigkeit als Staatsanwältin beim Rauschgiftdezernat wurde ihr die Stelle im neuen Sonderdezernat angeboten. Durch ihre Arbeit erhofft sie sich, die „Dunkelziffer für Vergewaltigungen herabzusetzen und eine höhere Verurteilungsquote zu erlangen“. Doch darüber hinaus zeigte Regina Splett keine besondere Motivation, sich für die Belange und jahrelangen Forderungen der Frauenbewegung nach Änderung der Strafprozeßordnung oder der Art und Weise der Verfahren einzusetzen. Das Bemühen der Staatsanwältin in ihrem neuen Amt beschränkt sich darauf, so viele Opfer wie möglich selbst zu vernehmen, um bei der Entscheidung nicht nur auf die Akten zu vertrauen. „Dadurch habe ich schon mehr Fälle zur Anklage gebracht“, erklärte sie. Doch was nützen vermehrte Anklagen, wenn sich an der Beweislage nichts ändert, lautete die Publikumskritik. „Nur“ aufgrund der Aussage einer sexuell mißbrauchten Frau wird eben kein Täter verurteilt. „Und wenn sie freisprechen, heißt das doch, daß man der Frau eine Lüge unterstellt“, bemängelte Rechtsanwältin Gisela Leppers und betonte, daß das Sonderdezernat nur eine Alibifunktion habe, wenn nicht Verfahrenstechniken geändert würden.

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