Weisheiten im Geiste Gauweilers

Beim 0:0 in der WM-Qualifikation BRD - Niederlande blieb der Bundesadler glücklicherweise unbefleckt  ■  Aus München Herr Thömmes

Die Idee ist geklaut. Sie stammt von einem Kollegen, der behauptet, es sei ganz wunderbar, Artikel mit römischen Zahlen zu gliedern. Das erspare die Mühe, die Dinge in einen großen Zusammenhang zu stellen, und mache zudem rein formmäßig mächtig was her.

I.

Die Trikots wurden nicht getauscht. Dieser Bruch mit internationalen Gepflogenheiten hat seinen Grund in der Untat des Spielers Ronald Koeman nach dem Halbfinale der Europameisterschaft. Damals zog er, kaum im Besitz eines bundesdeutschen Hemdes, das schweißige Textil durch seinen Schritt. Vor wenigen Tagen wurden die Spieler von der Presse angehalten, derartiges Besudeln des Bundesadlers fürderhin zu verunmöglichen. Ratlosigkeit machte sich breit, noch am Dienstag wurde im Trainingsquartier in Rottach/Egern von Seiten der Akteure Handlungsbedarf nur in Maßen konstatiert. Olaf Thon gab bekannt, man habe „das Problem anklingen lassen, aber noch nicht entschieden“. Nachher erklärte Guido Buchwald, beide Parteien hätten sich immerhin die Hände gereicht, dies sei „ein erster Schritt zur Normalisierung“. II.

Franz Beckenbauer ist noch immer nervös. Das übliche TV -Interview nach dem Schlußpfiff verweigerte er, was ihm einen öffentlichen Rüffel durch den respektlosen ZDF -Töpperwien eintrug. Wenig später äußerte er sich gefaßt zu den neunzig Minuten. Sie hätten über „weite Strecken vom Kampf“ gelebt, das 0:0 gehe „in Ordnung“. Sein Unmut käme davon, daß er sich „über einige Situationen geärgert“ habe. Auch über seinen Kapitän: „Der Lothar hat sich vielleicht zuviel vorgenommen.“ Der aber läßt den Kopf nicht hängen und will ihn schon gar nicht „in den Sand stecken“. Warum, fragt er fränkischelnd, sollten wir nicht im Rotterdamer Rückspiel auch einen „Bungd“ holen. III:

Ein Reporter überbringt Olaf Thon die frohe Kunde. Die Minister Zimmermann und Scholz hätten ihn als „besten Mann“ gesehen. Thon: „Das freut mich ganz besonders.“ Keine Opposition um ihrer selbst willen, deshalb in diesem Fall weitgehende Übereinstimmung mit den beiden Herren. Wie der Kleine schon nach einer Viertelstunde Frank Rijkaard tanzen ließ, links-rechts-links, das hätte in Spanien wilde Ole -Rufe eingebracht und ein Stierohr. Und dann seine Zuspiele plus jenem vehementen Schuß an die Latte, da konnte nur noch Thomas Häßler mithalten, der auf den Teamchef wirkte, als habe er „hundert Länderspiele“ auf dem Buckel. IV.

Unten, im Gang vor der Umkleidekabine, steht Jürgen Kohler und erklärt jedem, einen wie van Basten könne man nicht neunzig Minuten ausschalten, aber „heute war ich der Bessere“. V.

Bewundernswert, wie sich der in Italien geschmähte Rudi Völler gegen den vielgelobten Frank Rijkaard stemmte. Völlers unermüdliches Gerackere sorgte dafür, daß sich Rijkaard in der Offensive kaum etwas erlauben konnte. VI.

Holger Fach, als Libero Nachfolger von Matthias Herrgott, muß sich von Wolfgang Rolff die Tarnkappe geliehen haben. Für ihn wird auch künftig gelten: schnörkellos, gut, unauffällig. Berthold dagegen hat sich zum achten Mal aus der Mannschaft gespielt und damit einen Stammplatz sicher. Bei dem Trainer, von dem er doch selber sagt, er sei „immer für eine Verarschung gut“. VII.

Spätestens jetzt bewährt sich der Trick mit den römischen Nummern, denn Peter Gauweiler so einfach ins Spiel zu bringen, hätte kompositorische Schwierigkeiten bereitet. Also: In der Münchener 'Abendzeitung‘ stand, Gauweiler sei nach seiner Entmachtung nur noch zuständig für „Spannbetondecken“ und „Flußläufe“. Es ist erstaunlich, wieviel mehr Vergnügen als ein noch so sehr erwartetes Fußballspiel das dauerhafte Aufsagen der Worte Gauweiler -Spannbetondecken-Flußläufe machen kann.

BRD: Illgner - Fach - Kohler, Buchschrat - Berthold, Matthäus, Häßler, Thon, Brehme - Klinsi (ab 67. Min. Mill), Völler.

NIEDERLANDE: van Breukelen - Ronald Koeman - Treter van Tiggelen, Silooy - van Aarle (ab 20. Winter), Wouters, Vanenburg, Erwin Koeman - van Basten, Bosman.

73.000 Menschen sahen zwei Tore, aber keinen Ball in denselben. Es richtete Herr d'Elia aus Italia.