Guatemalas Militär deckt sich mit Waffen ein

Der Militärhaushalt steigt um 50 Prozent, während die Ausgaben für Gesundheit und Erziehung zusammengestrichen werden / Die offizielle Waffenhilfe der USA stieg in den letzten drei Jahren stark an / Soeben wurde ein Waffengeschäft über 14 Millionen Dollar bekannt  ■  Von Ralf Leonhard

Managua (taz) - Hätte der guatemaltekische Rechtsanwalt Frank Larue die Millionentransaktion letzte Woche nicht an die Öffentlichkeit gebracht, dann hätte sich vielleicht keiner aufgeregt. So gab es zumindest Proteste gegen das größte Waffengeschäft zwischen Guatemala und den USA in diesem Jahrzehnt. Der demokratische Kongreßabgeordnete Robert Mrazek richtete gemeinsam mit vier weiteren Demokraten und einem Republikaner einen offenen Brief an George Shultz. Darin ersuchte er den Außenminister, ein Geschäft zwischen der guatemaltekischen Armee und der Waffenschmiede Colt Industries über 13,8 Millionen Dollar zu verhindern. Die stattliche Summe ist der Gegenwert von 20.000 Sturmgewehren des Typs M-16 in ihrer modernsten Ausführung. Das Pikante an dem Deal: Laut Gesetz müssen Waffengeschäfte über mehr als 14 Millionen Dollar vom Kongreß bewilligt werden. Mrazek spricht von einem „Verkauf durch die Hintertür“, der außerdem eine drastische Kehrtwende in der Politik gegenüber Guatemala bedeute. Denn zwischen 1981 und 1987 haben die Vereinigten Staaten Guatemala Kriegsgerät nur im Gesamtwert von 1,4 Millionen Dollar verkauft.

Auch die offizielle Waffenhilfe ist dramatisch angestiegen. Bekamen die guatemaltekischen Militärs von Washington 1987 nur fünf Millionen Dollar und 1988 sieben, so wurde die Militärhilfe 1989 nach dem Putschversuch im Mai auf neun Millionen angehoben.

In einer gemeinsamen Erklärung beider Kammern des US -Kongresses wurde schließlich am 26.September das Neun -Millionen-Paket „nicht-tödlicher“ Militärhilfe abgesegnet. Die Abgeordneten wiesen ausdrücklich auf ein Gesetz hin, welches die Militärhilfe für ein Land automatisch suspendiert, wenn die gewählte Regierung durch Putsch oder Dekret gestürzt wird. Die Auszahlung der Gelder knüpften sie außerdem an Bedingungen, die Guatemalas geschwächte Regierung wird kaum erfüllen können: Bemühung um eine Verhandlungslösung des bewaffneten Konflikts (die Militärs widersetzen sich jedem offiziellen Kontakt mit der Guerilla), Kontrolle über die Militärs und Sicherheitskräfte, Ausforschung der Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen ab Januar 1986 (Amtsantritt der Zivilregierung), deren Überantwortung an die Justiz, Aufklärung der Verschleppungen und Zwangsrekrutierungen für die „freiwilligen“ Zivilverteidigungspatrouillen auf dem Land, Respektierung der Rechte der indianischen Bevölkerung und Ermöglichung einer permanenten Präsenz des internationalen Komitees vom Roten Kreuz, das sich jahrelang in Guatemala überhaupt nicht sehen lassen durfte.

Wie sehr Präsident Cerezo die Militärs bei Laune halten muß, sieht man am Haushaltsvorschlag für 1989, der derzeit im Parlament diskutiert wird. Während die Posten für Gesundheit und Erziehung von 11,5 Prozent auf 10,4 Prozent bzw. von 16,1 Prozent auf 15 Prozent des Gesamtbudgets zurechtgestutzt wurden, ist der Militäretat von 22 Prozent auf 32 Prozent aufgebläht worden.