Präventivhaft erlaubt

Ausländer und Deutsche sind betroffen  ■  Aus Bonn Oliver Tolmein

Präventive polizeiliche Maßnahmen sind in der BRD nicht nur gegen Ausländer möglich. Während der §7 Absatz 4 des derzeit gültigen Ausländergesetzes die Beschränkung der Freizügigkeit, also die Verhängung von Hausarresten legalisiert, läßt die im Juli im bayerischen Kabinett beschlossene „Änderung der Vorschriften über den polizeilichen Gewahrsam“ sogar - sehr viel weitergehend eine präventive Inhaftierung von AusländerInnen und Deutschen zu. Der neue Artikel 16 des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes erlaubt die „Ingewahrsamnahme“, „um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhindern“.

Nach der neuen Vorschrift soll diese Vorbeugehaft bis zu einer Höchstgrenze von zwei Wochen erlaubt werden. Während die polizeiliche Ingewahrsamnahme zur angeblichen Verhinderung von Straftaten in den Gesetzen aller Bundesländer erlaubt ist, sehen nur die Vorschriften in Hamburg, Bremen, Baden-Württemberg und, neuerdings, Bayern eine Ausdehnung der Präventivhaft auf bis zu 14 Tagen bzw. noch länger vor. Eine vom Bundesjustizministerium auf eigene Veranlassung hin vorgenommene Beurteilung der neuen ausgeweiteten bayerischen Bestimmungen „anhand des Grundgesetzes“ formuliert zwar „gewisse verfassungsrechtliche Zweifel“ über die Zulässigkeit der Regelungen, meint aber, bei „enger Auslegung“ seien sie verfassungskonform. Bemerkenswert ist das vor allem, weil damit auch die Präventivhaft zur Vorbeugung von Ordnungswidrigkeiten als „verhältnismäßig“ anerkannt wird. All diesen Bestimmungen liegt der Artikel 104 des Grundgesetzes zugrunde, der eine Freiheitsentziehung bis zu 48 Stunden auch ohne richterliche Entscheidung erlaubt und Präventivhaft nicht ausdrücklich ausschließt.