Kriseleien in der Tiergarten-SPD

■ Erneut Austritte aus Tiergartener SPD-Fraktion / Machtkämpfe zwischen Rechten und Linken / Landes-SPD: Nachwehen der ehemaligen Alleinherrschaft von Wurche

An Machtkämpfe in der Jungen Union erinnern die Hintergründe der jüngsten Parteiaustritte aus der Tiergartener SPD. Mit Wirkung vom 18.Oktober haben die Bezirksverordneten Günter Jakobsen und dessen Tochter Iris Raßfeld ihr BVV-Mandat niedergelegt und sind aus der Partei ausgetreten. „Rein persönliche Gründe“ nannte Jakobsen, räumte aber auch politische ein.

Jakobsen hatte offenbar vor einigen Wochen im Streit seinen Fraktionskollegen Henning mit einer Äußerung schwer verletzt. Es ging um das KZ Auschwitz, das Henning, dessen Eltern in Auschwitz ermordet wurden, besuchen wollte. Dies wird Jakobsen jetzt von der (rechten) Kreisverbands-Mehrheit vorgeworfen. Jakobsen behauptet allerdings, die Frage dieser „nicht guten“ Äußerung sei zwischen ihm und Henning längst geklärt. Parteiöffentlich wurde die Angelegenheit jetzt in einem Konflikt zwischen dem den Kreisverband beherrschenden rechten Flügel und einer linken Fraktion aus der Ersten und der Dritten Abteilung (Parteigliederung). Diese will auf einer Kreisdelegiertenversammlung (KDV) neu über die BVV -Kandidaten entscheiden, nachdem sich im März der rechte Flügel weitgehend durchgesetzt hatte. Chancenreich ist der Vorstoß der Linken, seit sie am Mittwoch in der Dritten Abteilung (der größten in Tiergarten) bei Delegierten -Neuwahlen gewonnen hatte.

Die bereits am 12.10. abgewählten Delegierten haben ihre Abwahl jedoch vor das Parteischiedsgericht getragen. Jakobsen war am 12.10. der Wahlleiter. Seine Aussagen hätten in dem Streit um die Rechtmäßigkeit der Wahl eine große Rolle gespielt, so zumindest gestern der eher linke ehemalige Fraktionsvorsitzende Hoppmann zur taz. Auch Jakobsen erklärte der taz, als „Druckmittel“ gegen ihn sei jetzt seine Äußerung gegenüber Henning wieder ausgegraben worden. Jakobsen sagte, mit seinem Austritt wolle er aus der Sache „sauber raus“ kommen.

„Führungsschwäche des Kreisvorstands“ sah gestern Hoppmann hinter den Ouerelen und den seit ahderthalb Jahren häufigen Parteiaustritten. Im SPD-Landesverband hieß es, der ehemalige Bezirksbürgermeister Gottfried Wurche habe die Partei seinerzeit „völlig beherrscht“. Nun erlebe man die „Nachwehen“, nachdem Wurche die Partei wegen seiner Verwicklung in den Bauskandal verlassen mußte.

SPD-Landesgeschäftsführer Kremendahl hat dem Kreisverband jetzt wegen der jüngsten Austritte empfohlen, „baldmöglichst“ eine KDV einzuberufen und teilweise neue BVV -Kandidaten aufzustellen.Kreisgeschäftsführer Stadermann wollte indes gestern diese KDV nur „98prozentig“ zusagen.

hmt