taz statt Müll ins Meer

■ Die Bildhauerin Susanne Tunn plädiert für „Kunst statt Gift ins Meer“ und schickte einen Baumstamm auf den Weg ins Meer

Irgendwo im Bremer Hafen liegt, steht oder schwimmt sie jetzt, die „Skulptur für die Nordsee“, ein Opfer von Terminplanungsschwierigkeiten und dem Wasserstraßenamt. In Minden hatte sie ihren Weg weserabwärts zum Meer angetreten, eine schwimmende Baumskulptur, Symbol und Synonym für die gesamte zerstörte Natur. Sie jetzt, völlig verlassen, in einem Hafenbecken zu vermuten - ein trauriges Bild. Zwei der Ulmenkrankeit zum Opfer gefallene und bereits gefällte Ulmen hatten die Bildhauerin Susanne Tunn zu dieser Symbol -Skulptur inspiriert.

Das insgesammt dreiteilige Figurenensemble ist das Ergebnis von künstlerischem Umweltengagement der jungen Mindenerin. Sie hat einen der Stämme in Scheiben zersägt, entkernt und die so enstandene Hülle wieder zusammen gesetzt. Aus dem zweiten Baumstamm hat sie eine Holzskulptur gearbeitet, die sich jetzt unter der Hülle verbirgt. Das Kernstück des ersten Stammes steht wiederzusammengesetzt, aber ansonsten unbearbeitet als „Absender“ an seinem ursprünglichen Platz.

Für die Skulptur, die als Mahnerin für das Sterben der Natur stehen bzw. schwimmen soll, sah

Susanne Tunn die vergiftete Nordsee als den einzig richtigen Platz. Mit der gleichen Konsequenz wie die Wahl des Standortes, fiel die Wahl des Transportweges aus: weserabwärts von Paddelbooten geschleppt. Eine Flaschenpost, die die Kraft der Vorstellung fördern sollte, um mit dieser Vorstellung das Ausmaß der Naturzerstörung erfassen zu können, wurde auf diese Weise auf diesen Weg geschickt. Genauso wie das Schiffahrtsamt (Kunst obliegt in diesem Fall und auf diesen Wegen seinem Autoritätsbereich), das die Aktion wohlwollend ignoriert hat, taten auch die Binnenschiffer ihren Teil zum Gelingen bei. Vorsichtig begegneten sie den ungewöhnlichen Verkehrsteilnehmer aus sieben bis acht Kanadiern mit Baum im Schlepp und machten so kritische Ausweichmanöver überflüssig. Auf staunende Uferbesucher mußte weitesgehend verzichtet werden, was zum ersten dem Flußverlauf, der um besiedelte Gebiete eher einen Bogen macht und zum zweiten der Lokalpresse zur Last gelegt wird, die stets nur über „gestern“ berichtete. Uns kann das nicht passieren, wir berichten über vorgestern. „Taz statt Müll ins Meer“ - eine Alternative?

Kerstin Dreyer