Ex-Diktator Marcos angeklagt

■ Der frühere philippinische Präsident Marcos kommt in USA wegen Veruntreuung und Annahme von Schmiergeldern vor Gericht / Unterstützte Marcos die Republikaner in Wahlkämpfen?

New York/Manila (ap/dpa) - Freudig begrüßte der im US-Staat Hawaii lebende frühere philippinische Präsident Ferdinand Marcos die Gelegenheit, endlich „seine Unschuld“ beweisen zu können: Denn seit Freitag ist er gemeinsam mit seiner Frau Imelda der Veruntreuung und anderer Delikte angeklagt. Den von einer Anklagekammer in New York akzeptierten Beschuldigungen zufolge sollen die beiden von 1972 bis zu ihrer Flucht 1986 durch Unterschlagung, Diebstahl, Annahme von Schmiergeldern und Provisionen 103 Millionen US-Dollar angesammelt, ins Ausland verschoben und zum Kauf von vier Geschäftsgebäuden in Manhattan verwendet haben. Zusammen mit dem saudiarabischen Finanzier Kaschoggi, der auch im Iran -Contra-Skandal eine Schlüsselrolle spielte, sind die beiden ferner angeklagt, amerikanische Kreditinstitute um 165 Millionen Dollar geschädigt zu haben. Der New Yorker Bundesanwalt Rudolph Giuliani erklärte, im Fall einer Verurteilung sei mit der Beschlagnahme von Vermögenswerten in Höhe von mindestens 250 Millionen Dollar zu rechnen, darunter 20 Konten bei einer Schweizer Großbank, fünf Konten bei einer französischen und ein Konto bei einer Genfer Privatbank.

Enttäuscht ist das Ehepaar indessen nach Angaben eines ihrer amerikanischen Anwälte, daß Ronald Reagan die Anklageerhebung nicht verhindert hat. Trübsinn bläst nach Aussage seines Sprechers Fitzwater auch der US-Präsident, „weil Marcos ein alter persönlicher Freund ist und ein alter Freund des Landes“. Beunruhigt über die Anklageerhebung ist man in Washington, weil Marcos unter Strafandrohung zur Einvernahme vor den auswärtigen Ausschuß des Repräsentantenhauses geladen worden ist. Laut Zeitungsberichten wolle der Ausschuß Marcos zu Gerüchten vernehmen, daß er Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei, in den Wahlkämpfen 1980 und 1984 mit verdeckten Zuwendungen in Höhe von mehreren Millionen Dollar unterstützt habe. Befürchtet wird überdies, die USA könnten sich mit der Anklageerhebung der Möglichkeit berauben, auch künftig Diktatoren zum Verlassen ihres Landes zu bewegen.

Marcos-Anwalts Hibey äußerte derweil den Verdacht, die Anklageerhebung sei ein Zugeständnis, welches die US -Regierung bei den Verhandlungen über die Beibehaltung der amerikanischen Militärstützpunkte auf den Philippinen gemacht habe. Corazon Aquino hatte bisher von einem Strafverfahren gegen Marcos auf den Philippinen abgesehen, weil ihm damit die Rückkehr ermöglicht würde.