Schweigen über „Anwalts-Spitzel“

■ Unter Mißachtung eines Gerichtsurteiles verweigert der Berliner Innensenat Auskunft über die mögliche Bespitzelung einer Anwaltskanzlei / Auskunftsbegehren eines Anwalts im Schmücker-Verfahren abgelehnt

Berlin (taz) - Der Berliner Rechtsanwalt Philipp Heinisch wird auch weiterhin nicht erfahren, ob er bei der Prozeßvorbereitung für den sogenannten Schmücker-Prozeß von einem Spitzel des Verfassungsschutzes ausspioniert worden ist. Bei diesem Prozeß war Heinischs Mandantin Ilse Schwipper vom Gericht der Ermordung des Studenten Ulrich Schmücker für schuldig befunden worden. Obwohl das Berliner Verwaltungsgericht im August dieses Jahres entschieden hat, daß die bisherige strikte Auskunftverweigerung des Verfassungsschutzes über die mögliche Bespitzelung des Anwaltes fehlerhaft war, will die Geheimdienstbehörde weiterhin jegliche Aufklärung verweigern.

Von mehreren Journalisten hatte Anwalt Heinisch im Herbst 1987 aus „zuverlässiger Quelle“ erfahren, daß Mitte der 70er Jahre sein Telefon vom Verfassungsschutz abgehört worden sei. Gleichzeitig habe während der Vorbereitung für die erste Instanz des Schmücker-Prozesses ein Mitarbeiter seiner Kanzlei namens Christian Hain für den Verfassungsschutz gearbeitet.

Mit Unterstützung verschiedener Anwaltsvereinigungen hatte Verteidiger Heinisch daraufhin vergeblich beim Innensenat Aufklärung über diesen möglichen Verfassungsschutz- und Justizskandal zu bekommen. Die Innenbehörde berief sich darauf, generell keine Aufkunft über Mitarbeiter zu geben, um deren Person und Arbeit nicht zu gefährden. Zu diesem Geheimhaltungsprinzip gehöre auch, keine „Negativauskünfte“ über zu Unrecht der Agententätigkeit Verdächtigte zu erteilen. Im August erstritt jedoch Schwipper-Anwalt Heinisch einen juristischen Teilerfolg gegen diese amtliche Schweigemauer. Das Verwaltungsgericht Berlin beurteilte die behördliche Auskunftsverweigerung als fehlerhaft. Der inzwischen namentlich bekannte und als V-Mann verdächtigte Christian Hain sei als Agent jetzt ohnehin „verbrannt“. Wenn er jedoch kein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sei, sei er gerade durch das Schweigen der Behörde gefährdet. Das Geheimhaltungsinteresse des Verfassungsschutzes dürfe nicht dazu dienen, rechtswidrige nachrichtendienstliche Maßnahmen zu vertuschen. Angesichts des möglicherweise schweren Eingriffes in die Anwaltstätigkeit müsse die Innenbehörde die Auskunftsverweigerung erneut prüfen und - so der unmißverständliche Tenor des Verwaltungsgerichts korrigieren. Jetzt bekam Anwalt Heinisch das Ergebnis dieser behördlichen „Prüfung“ vom Innensenat zurück. Als ob es die verwaltungsrichterlichen Auflagen nicht gegeben hätte, entschied der Innensenat erneut, „dem Auskunftsbegehren wird nicht entsprochen“. Man werde die „öffentlich stets bekundete Ermessenspraxis beibehalten“, heißt es zur Begründung. Der Rest ist Schweigen.

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