: Bundeskredite für Tornados an Jordanien?
Ein der taz zugespieltes Dokument der Kreditanstalt für Wiederaufbau beschreibt Rüstungsgeschäfte mit Jordanien / 48 Millionen Mark für acht Tornados ■ Von K. Zausel/V.Gaserow
Berlin (taz) - Die Bundesregierung steht offenbar kurz davor, mit weitreichenden Kreditzusagen den Verkauf von acht Tornado-Kampfflugzeugen nach Jordanien zu ermöglichen. Dies geht aus den Fotokopien eines mehrseitigen Schreibens hervor, das der taz zugespielt wurde. Die Dokumente tragen den Briefkopf der bund- und ländereigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Frankfurt und enthalten als Anlage vierseitige detaillierte Kredit-Berechnungen für das Rüstungsgeschäft.
In den Schreiben wird der Verwaltungsrat der Kreditanstalt aufgefordert, bis zum 8.November 1988 über die Gewährung von Exportkrediten „von insgesamt 48,035 Mio. Mark an das Königreich Jordanien zur Teilfinanzierung des Kaufs von Flugzeugen“ des Typs Tornado zu entscheiden.
Vorsitzender des 28köpfigen Verwaltungsrates der Kreditanstalt für Wiederaufbau ist Finanzminister Stoltenberg, als Vize fungiert Noch-Wirtschaftsminister Martin Bangemann. Unterzeichnet ist das vom 17.10.88 datierte Vorstandsschreiben mit zwei handschriftlichen Unterschriften, wobei die eine die des Vorstandsmitglieds Gert Vogt sein könnte, die andere die des Mit-Vorständlers Manfred Schüler.
Sowohl die geplante Lieferung der acht Kampfflugzeuge an Jordanien als auch die staatliche Finanzierungsgarantie, die in dem Schreiben ausgeführt werden, verstoßen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und gegen Richtlinien des Außenwirtschaftsgesetzes, die Rüstungsexporte und damit zusammenhängende finanzielle Transaktionen in Spannungsgebiete untersagen. Als ein solches Spannungsgebiet gilt derzeit der Nahe Osten. Jordanien selbst befindet sich immer noch formal im Kriegszustand mit Israel. Um diese Verbote zu umgehen, nutzt das Jordanien-Geschäft offenbar geschickt die Vorteile europäischer Gemeinschaftsproduktionen wie die des Tornados aus: die Endmontage der Flugzeuge soll dem Schreiben zufolge bei der British Aerospace in England stattfinden, und die deutschen Hersteller MBB und MTU und ihre „Unterlieferanten“ Siemens, AEG und SEL träten nur als Lieferanten in Aktion. Diese rechtlich umstrittene Interpretation des Kriegswaffenkontrollgesetzes dürfte jedoch bei dem geplanten „Jordanien-Geschäft“ überstrapaziert werden. Sie kollidiert zudem mit der sogenannten „Endverbleibsklausel“, nach der sich Länder verpflichten, einmal gelieferte Rüstungsgüter nicht ohne Genehmigung des ursprünglichen Lieferanten weiterzukaufen.
Vorgesehen ist offenbar, daß die Kreditanstalt für den Wiederaufbau sich direkt an der Finanzierung des Rüstungsdeals beteiligt. Wie aus den der taz vorliegenden Schreiben hervorgeht, soll die geplante Lieferung von Kampfflugzeugen an das „Königreich Jordanien“ folgendermaßen vonstatten gehen: der Gesamtpreis der acht Tornados ein Fortsetzung auf Seite 2
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schließlich Ersatzteile soll 1,59 Milliarden Mark betragen. Rund 68 Prozent des Kreditbedarfs dafür soll von englischer Seite getragen werden, 9 Prozent will Italien aufbringen und 23 Prozent sollen von deutscher Seite aus getragen werden.
Den größten Batzen des deutschen Anteils in Höhe von 370 Millionen Mark soll ein Bankenkonsortium unter Führung der Deutschen Bank AG aufbringen. Der direkte Kredit-Anteil der KfW an diesem rüstungsgeschäft soll 48 Millionen Mark betragen. Geplant ist darüberhinaus eine Art Haftung der Kreditanstalt über die gesamte deutsche Kreditsumme. Die Laufzeit des Kredites mit einem festen Zinssatz soll 15 Jahre betragen.
Sollte es während dieser Laufzeit zu erheblichen Zinssteigerungen über den vereinbarten Festzins hinaus kommen, würde die KfW gegenüber dem deutschen Bankenkonsortium für die Zinsverluste aufkommen. Ein sowohl für Jordanien als auch die deutschen Banken sicheres Geschäft, denn mögliche Verluste würden über die KfW auf Kosten des Steuerzahlers sozialisiert.
Das der taz zugeleitete Schreiben mit Briefkopf des Vorstands der Kreditanstalt für Wiederaufbau geht davon aus, daß die Verwaltungsratsmitglieder dem Jordanien-Geschäft bis zum 8.November zustimmen, „da bei Nichtzustandekommen der Finanzierung (...) dem Besteller ein Rücktrittsrecht zusteht“.
Offenbar erwartet man von den Verwaltungsräten (u.a. DGB -Chef Ernst Breit und Außenminister Genscher) keinen ernsthaften Widerspruch: da man mündliche Verhandlungen über dieses brisante Geschäft offenbar für überflüssig hält, werden die Verwaltungsratsmitglieder von der KfW gebeten „im Falle Ihres Einverständnisses (...) beiliegende Erklärung zu unterschreiben und an uns zurückzusenden“.
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