Märtyrerspiele-betr.: Leserbrief "Allein gelassen" von K. Eschen u.a., taz vom 18./19.10.88

betr.: Leserbrief „Allein gelassen“ von K. Eschen u.a.,

taz vom 18./19.10.88

(...) Diese Herren haben offensichtlich grenzenloses Vertrauen in die Fairnes und Objektivität deutscher Gerichte. (...) Die Wirklichkeit ist leider meistens anders, insbesondere, wenn es sich um Verfahren gegen Taten handelt, die den politischen Machtinhabern nicht in den Kram passen. Da kann man als Angeklagter so fair, so offen und kooperativ vor Gericht sein wie man will, man kann seine künstlerischen und/oder politischen und/oder religiösen und/oder politischen und/oder menschlichen Motive etc. so überzeugend darlegen wie man will - man muß damit rechnen, daß man verknackt wird, wenn es die Mächtigen so wollen. (...) Märtyrerspiele sollte man den sogenannten Christen überlassen, die glauben, daß sie dadurch selig werden.

Edelbert, Eppstein 4

(...) Wer ist denn der Staat, daß mensch ihm so schöne Tugenden wie Aufrichtigkeit und Bekennermut schulde? Ist ihnen der kleine Unterschied nicht aufgefallen, der zwischen dem zwischenmenschlichen Verkehr und dem im Recht allgegenwärtigen stattlichen Herrschaftsanspruch besteht? Oder andersherum gefragt: Wem hätte denn ein allfälliger Bekennermut des Angeklagten genutzt? Ihm bei Ausbaden der Folgen einer Handlung, die der Staat aus seinen Gründen für strafbar erklärt hat? Oder dem Idealismus von Juristen, die sich zu fein sind, Partei sein zu wollen und es statt dessen vorziehen „Organ der Rechtspflege“ zu sein - einer Rechtspflege, die durchaus regelmäßig auf Kosten der so Gepflegten zu gehen pflegt. (...)

Reinhard, Frankfurt