Memminger Prozesse vor bayerischem Landtag

Neue bayerische Justizministerin verteidigt Richter und geißelt Medien / Grüne kritisieren „kinderverachtende staatlich geförderte Miet- und Leihmutterschaft“ in Bayern / Schwangere Asylbewerberinnen werden vom Staat diskriminiert  ■  Aus München Luitgard Koch

„Alle zwei Minuten, pausenlos Tag und Nacht wird ein Embryo, der zum Leben bestimmt ist, dem Tode ausgeliefert.“ Mit hochrotem Kopf steht die CSU-Staatssekretärin aus dem bayerischen Sozialministerium Barbara Stamm hinter dem Rednerpult. Den Zwischenruf aus dem grünen Lager, daß alle vier Minuten eine Frau vergewaltigt wird, überhört sie geflissentlich.

Auf der Regierungsbank im bayerischen Landtag sitzt zu Beginn der aktuellen Stunde, die von der grünen Landtagsfraktion zu den Memminger „Hexenprozessen“ und der allgemein praktizierten Verschärfung des Paragraph 218 im Freistaat Bayern gestern durchgesetzt wurde, nur Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner. Die frischgebackene stellvertretende Ministerpräsidentin verteidigt erneut die Memminger Richter und Staatsanwälte, die ihrer Meinung nach Pressionen von Medien und Parteien ausgesetzt sind. „Ich werde weiterhin alles tun, um die Richter vor derartigem in Schutz zu nehmen“, betont sie.

Gleichzeitig bedankt sich die Witwe hämisch bei den Grünen „für die bundesweite Werbung“. Grund: Das in ihrem Ministerium ausgebrütete staatliche Adoptions- und Freistellungsangebot für ungewollt Schwangere wurde von den Grünen immer wieder als „staatlich geförderte Miet- und Leihmutterschaft“ kritisiert. „Ohne ihre Kritik wäre das nie so publik geworden!“ erklärte die Hobbygärtnerin. Bisher konnte die Opposition lediglich durchsetzen, daß die Staatsregierung ihre diesbezüglichen Pläne vor der endgültigen Festschreibung im sozialpolitischen Ausschuß des Landtags offenlegt. „Nehmen sie diese unmenschliche frauen und kinderverachtende Maßnahme sofort zurück“, fordert die grüne Landtagsabgeordnete, Margarethe Bause.

Immer wieder beziehen sich die CSU-Redner in dieser Debatte auf finanzielle Hilfen für Schwangere. Die Tatsache, daß jedoch gerade in den vergangenen Monaten die Zahlungen für Schwangere der Stiftung „Hilfe für Mutter und Kind“ auf ein Drittel gekürzt wurden, versucht Staatssekretärin Stamm zu beschönigen. Dafür sei die Hilfe ja jetzt auf drei Jahre verlängert worden. Den Skandal, daß sich das Sozialministerium bei der Vergabe der Hilfen über einen einstimmigen Landtagsbeschluß hinwegsetzt, verschweigt die Staatssekretärin.

Im Juni dieses Jahres war das eindeutige Votum: schwangere Asylbewerberinnen müssen bei den Leistungen genauso behandelt werden wie bedürftige deutsche Mütter. Sozialminister Glück weigert sich jedoch mit der Begründung, Asylbewerberinnen könnten mit größeren Geldsummen nicht umgehen. Außerdem komme aufgrund der besonderen Wohnverhältnisse in den Asyllagern ein Kauf von „Möbeln oder Haushaltsgeräten nicht in Betracht“.