: Scharfe Kritik am „Tornado„-Kredit
Dringlichkeitsanfrage von SPD und Grünen zur geplanten bundesdeutschen Finanzhilfe für Rüstungsexport nach Jordanien heute im Bundestag / FDP-Verteidigungspolitiker: Kredit „Gipfel der Perversion“ ■ Von Vera Gaserow
Berlin (taz) - Berichte der taz über einen geplanten Rüstungskredit an Jordanien zum Kauf von acht Tornado -Kampfflugzeugen haben in Bonn zu scharfen Protesten geführt. Die Bundesregierung wird heute vor dem Bundestag zu einer Dringlichkeitsanfrage von SPD und Grünen Stellung nehmen müssen. Inzwischen regt sich auch innerhalb der FDP Protest gegen das Jordaniengeschäft, das sich insgesamt auf über 1,5 Milliarden Mark belaufen soll.
Der Verteidigungsexperte der FDP-Fraktion, Feldmann, nannte es „den Gipfel der Perversion“, daß die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) diesen ohnehin umstrittenen Rüstungsexport in das Krisengebiet Nahost mitfinanziert. Sollte der 48-Millionen-Kredit, wie vom Vorstand der Kreditanstalt geplant, im November vom Verwaltungsrat gebilligt werden, dann - so Feldmann - „wäre eine politische Mitverantwortung der Bundesregierung für Waffenexporte in Spannungsgebiete nicht zu verleugnen“. „Politisch skandalös und moralisch verabscheuungswürdig“ nannte der SPD-Verteidigungsexperte Voigt das geplante „Tornado-Geschäft“. Der BUKO, der seit langem eine Kampagne gegen bundesdeutsche Rüstungsexporte organisiert, forderte die Politiker auf, endlich Schluß zu machen mit der „Geheimdiplomatie“, die Rüstungsexporte zu einem völlig unkontrollierbaren Geschäft machte.
Die Bundesregierung hüllte sich auch gestern in Schweigen. Tags zuvor hatte man darauf verwiesen, daß die Bundesregierung bei länderübergreifenden Gemeinschaftsprojekten wie dem Tornado leider kein Vetorecht gegen Rüstungsexporte habe. Abgesehen davon, daß dies nicht geltendem Recht entspricht, hat die Bundesregierung mehrfach schriftlich erklärt, daß sie auch bei Gemeinschaftsprojekten mit anderen Staaten Rüstungs-Zulieferungen stoppen könne. So schreibt etwa das Verteidigungsministerium im Auftrag der Bundesregierung - nachzulesen in der Bundestagsdrucksache 10/313 - über Kooperationsverträge bei Rüstungsgütern: „Nach den deutschen Rechtsvorschriften mußte die Möglichkeit erhalten bleiben, die Genehmigung für eine Ausfuhr auch von Komponenten eines Gemeinschaftsprojektes (von Rüstungsgütern, d. Red.) in das Partnerland zu versagen.“ Partnerland wäre im Falle des Jordaniengeschäftes Großbritannien, wo die Endmontage der Tornados stattfinden soll, bevor sie an Jordanien geliefert werden.
Nicht zum ersten Mal ist jetzt durch die taz -Veröffentlichung die bundes- und ländereigene Kreditanstalt für Wiederaufbau bei der Finanzierung von umstrittenen Rüstungsgeschäften ertappt worden. 1981 finanzierte die KfW den Ausbau einer chilenischen Werft zur Wartung der U-Boote der Militärjunta. 1984 gab die KfW ein Darlehen an Brasilien zum Kauf von U-Booten bei der konkursbedrohten bundesdeutschen HDW.
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