BeBop vom Allerfeinsten

■ 2. Abend des Bremer JazzFest 1988 im Dix: Das Lou Donaldson Quartett spielte so gut wie am Montagabend und Art Blakey's Jazzmessengers so gut wie immer und doch neu

Ich weiß nicht, ob Lou Donaldson seinen Set am Montagabend total überzogen hat, jedenfalls schaute er am Dienstag dauernd auf die Uhr. An mangelnder Spielfreude kann es nicht gelegen haben, denn das Quartett ging gut zur Sache. Er spielte, wie schon vorgestern, Standards. Zwar immer im Rahmen des Be- und Hardbob, aber keineswegs als wehmütige Reminiszenz an die guten alten Zeiten, sondern lebendig und frisch.

Der 62jährige Donaldson spielt sein Altsax nach wie vor virtuos und reichert die Parker-Tradition, in der er steht, mit einer dunkleren Tongebung an. Der blinde Pianist Hermann Forster ließ anfangs durch seine eigenwillige Spielweise aufhorchen, als er dann aber bei jedem Solo in relativ gleicher Manier agierte, wurden seine Grenzen schnell hörbar. Auch am Dienstag spielte die Rhythmussektion solide. Der junge weiße Bassist John Webber spielte einige kürzere Soli und Frummer Larry Johnson bot ein schnelles und melodiöses Drumsolo. Kurz bevor Freddie Hubbard einstieg, brachte das Quartett erneut einen witzigen Blues, in dem Donaldson mit seiner hohen, näselnden Stimme über den Unterschied zwischen Traum und Realität sang.

Trompeter Freddie Hubbard brachte zusätzliches Feuer in den Set. Er setzte mit rasanten Läufen und Fanfarenstößen ein und ging im vorgegebenen Bop-Rahmen etwas freier vor und bewies einmal mehr, was alles in diesem Rahmen zu spielen ist. Sein kraftvoller, mehr am Sound als am total klaren Einzelton orientierter Ansatz auf der Trompete reicherte das Spiel des Quintetts erfreulich an, wenn auch nur kurz. Nach anderthalb Stunden blieb keine Zeit für eine Zugabe.

Im zweiten Set dann die jüngste Ausgabe der legendären Talentschule eines der größten Drummer überhaupt, Art Blakey's Jazzmessengers. Der 69jährige Blakey, inzwischen weißhaarig und mit Hörgerät, ist eine Legende. Einige der bekanntesten Musiker von heute sind in und durch seine Messenger-Formation bekannt geworden. So auch Freddie Hubbard, der auch gegen Ende des Sets noch einmal einstieg, um eine atemberaubende Version des Klassikers „A night in Tunisia“, einer der Lieblingstitel Blakeys, mitzugestalten.

Die neue Gruppe, die Blakey zusammengestellt hat, klang äußerst vielversprechend. Der junge weiße Pianist Bennie Green wird von der Kritik gefeiert und

spielt wirklich aufregend, an Monk ebenso erinnernd wie an Errol Garner. Ganz neu in der Gruppe der Trompeter Philip Harper, der sehr energievoll und temporeich bläst, dabei einen klaren Ansatz bevorzugt. Ebenalls ganz neu bei den Jazzmessengers ist der etwas verschüchtert wirkende Bassist Leon Dorsey. An der Posaune Robin Eubanks, der ein virtuoses Solo im „Loverman“ spielte, das nur im Quartett gebracht wurde.

Am Tenorsaxophon Javon Jackson, er bevorzugt weichere, oft tiefere Töne und weiß seine Soli zitatenreich zu gestalten. Eine äußerst vielversprechende Ausgabe der Jazzmessengers und so war es nicht erstaunlich, daß das Publikum im ausverkauften Dix begeistert war. Auch wenn Blakeys Spielfreude lange Zeit eher zurückhaltend war. Richtig zur Sache ging er erst, als Hubbard nochmal auf die Bühne kam. Da ging er aus sich heraus und bot ein donnerndes Drumsolo. Hardbop der allerersten Klasse brachten die Jazzmessengers auf die Bühne. Da störte es weniger als sonst, daß es immer wieder Leute gibt, die meinen, daß ein Jazzkonzert erst richtig gut ist, wenn man währenddessen quatscht.

Arnaud