KOMMENTAR
: Sprachlos

■ Politische Verantwortung heißt „einfach im Amt bleiben“

„Ein Bremer Senator tritt zurück oder er läßt es.“ Auf diese einfache Formel brachte Innensenator Bernd Meyer gestern seine Alternative nach dem von ihm selbst in Auftrag gegebenen Armutszeugnis für die Polizei während des Geiseldramas. Der Senator entschied sich für's Lassen. Er dürfte damit politische Geschichte geschrieben haben.

Bis gestern gab es in der Bundesrepublik eine feste Vorstellung davon, was „politische Verantwortung“ heißt, bis gestern verbürgten Minister mit ihrem persönlichen Anstand ihre politische Sachkompetenz. Bis vor einer Woche galt dies auch für Sozialdemokraten. Zum Beispiel, als sie den Rücktritt des niedersächsischen Innenministers wegen der von ihm „politisch zu verantwortenden“ Verfassungsschutzskandale forderten.

Dem neuen Innenminister Niedersachsens wird man schon persönlich bei der Sprengung von Gefängnismauern erwischen müssen. Beziehungsweise: In Bremen wird man dem alten Innensenator schon Mittäterschaft während der Geiselnahme nachweisen müssen, damit wir neu lernen, was „politische Verantwortung“ heißt.

Klaus Schloesser