KUBA VOODOO

■ Spiritismus - eine Filmreihe im Sputnik

Kult, „Kultus“, lateinisch, und bedeutet in europäischen Augen so etwas wie „geistige Zivilisation“. Cult wurde zum Erklärungssynonym für geheimnisvolle Riten anderer (außereuropäischer) Völker, deren Einschätzung und Bedeutung sich den rationalistischen Wertmaßstäben entzog - Voodoo -Cult.

Vor Jahren sah ich (in Salzburg) einen kubanischen Historienfilm: auf einer Hacienda trifft eine Gruppe schwarzer Männer und Frauen ein, aneinander gekettet, abgemagert, müde und erschöpft stehen die afrikanischen Sklaven im Innenhof des karibischen Landbesitzes. Minuten später beschreibt eine lange Plansequenz in ockerfarbener Weichzeichnung anhaltenden Trommelwirbel, monotonen Singsang und rhythmische Tänze; Voodoo als Droge in der unmenschlichen Situation. Die Sklaven wurden mit Beginn des 16.Jahrhunderts aus den drei afrikanischen Regionen Nigeria, Westafrika und Kongo-Zentralafrika nach Amerika verschleppt. Ihre Lebensgewohnheiten haben sich nur unter dem Druck der spanischen Landesherren und des katholischen Episkopates verändert. Die musikalischen Traditionen und spiritistischen Riten blieben unter einer dünnen Decke oberflächlichen Gehorsams erhalten.

In dem kubanischen Spielfilm „Der Lehrer“ (1976) lassen alte Landarbeiter den jungen Pädagogen, von Fidel zur Alphabetisierung frisch von der Akademie aufs Land geschickt, kurzerhand alleine auf dem Dorfplatz stehen, als sie statt der alten Lieder und Gesänge das Loblied auf die kubanisch-sozialistischen Errungenschaften anstimmen sollten.

Im Vorrevolutionären wurden die Kulte rigide unterdrückt. Aber auch Fidels Zentralstaat tat sich schwer im Umgang mit Voodoo. Nach einer anfänglichen Denkpause gibt es inzwischen eine offizielle Tolerierung der Riten und eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Hintergründe. Dennoch grassiert ein latenter Rassismus im Völkergemisch der Zuckerinsel. „Afrika, du lebst in mir“.

Cuba Voodoo heißt eine kleine Filmreihe im Sputnik II. Sie ist gedacht als illustrative Ergänzung zum derzeit stattfindenden Mittelamerika-Kongreß der Akademie der Künste. Die Freundschaftsgesellschaft Westberlin-Cuba (FWC) hat dazu eine umfangreiche Broschüre herausgebracht. Kurze Essays erklären anschaulich Geschichte und heutige Praxis der unterschiedlichen Kulte. Die Beschreibung der Filme fällt allerdings auf das Niveau der bieder-ernsten Volkshochschuldidaktik zurück. Die Filme laufen als Originalfassung mit Untertiteln bzw. mit Übersetzung.

Die Filme (eine Auswahl): „Huellas“ von Roberto Roman und Joel James erzählt von den heutigen Nachkommen der Haitianer, die zu Beginn dieses Jahrhunderts von der francophonen Karibikinsel ins spanisch sprechende und amerikanisch befehligte Eiland Kuba gekommen sind. Der Film spielt im Gebirgszug des Ostteils, der Sierra Maestre. Der „Oriente“ gilt als Schmelztiegel der Karibik (Klischee). Die Hauptrollen werden von Voodoo-Priestern gespielt. Roberto Roman, der Regisseur, begleitet seine Filme („Africa, tu estats in mi“) nach Berlin. Er ist am Samstag im Sputnik zu Gast.

In Roul Pecks Film „Haitian Corner“ erkennt ein politisch verfolgter Haitianer in New York seinen ehemaligen Folterer wieder. Er beginnt, ihn zu verfolgen ... Pecks Film steht auch als Beispiel für herausragende Fernsehproduktionen, die ihren Weg ins Kino finden. Ebenfalls als Berlin-Besucher wird Fernando Birro dem Kongreß beiwohnen. Als künstlerischer Leiter der Kubanischen Filmhochschule sorgt er pansüdamerikanisch für die qualifizierte Ausbildung des Nachwuchses. Birri als argentinischer Regisseur ist nur ein Beispiel für den multinationalen Anspruch der Filmschule: als einer von drei Direktoren steht der Columbianer Marquez der Institution vor. Vor seiner weltumspannenden Karriere als Literat lernte Marquez das Filmhandwerk an der römischen Filmakademie. Am Samstag gibt es eine kleine Fiesta mit Film und Musik ab 19 Uhr.

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Das Sputnik-Kino befindet sich in der Hasenheide 54.