CSU sorgt sich um Äther-Kultur

Münchner Medientage: Christsoziale beklagen die Programm-Verflachung durch die Privatsender Mit der SPD gegen die CDU-Bundesländer, die jede Werbebeschränkung aufheben möchten  ■  Von Ralf Homann

Mehr als eine Million Zuschuß-Mark war dem Bayerischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst die Public-Relations -Show fürs CSU-Medienzeitalter wert. 3.000 Fachbesucher und 150 Referenten lieferten sich vergangene Woche auf den zweiten Münchner Medientagen einen Marathon von Podiumsdiskussionen und Empfängen.

Aber Glitzer, provinzieller Glamour und der peinliche Charme aufgeblasener Nichtigkeiten konnte nicht darüber hinwegtäuschen, daß die bayerische Medienpolitik auf weiten Strecken gescheitert ist. Keine der nationalen privaten Medienanstalten wie „RTL plus“ oder „SAT-1“, konnte die CSU in München ansiedeln. Nordrhein-Westfalen ermöglicht mit „Spiegel-TV“ einen Programmplatz im Privatfernsehen, der die CSU nach wie vor zu Drohungen reizt. Und im Freistaat glaubt niemand mehr an die geplanten knapp hundert privaten Lokalradio-Stationen. Experten schätzen, daß nur vier große übrig bleiben werden.

Auch die Programminhalte bereiten der CSU Sorgen. Ihre Hoffnung, die Privaten brächten neben konservativer Unterhaltung auch unions-orientierte Information, erfüllte sich nicht. Nicht einmal Antenne Bayern, frisch etablierter landesweiter Radiosender mit starkem finanziellem Rückgrat, hält einen Programmplatz für Hintergrundberichte und ausführliche Information für nötig. In der CSU sammeln sich die Gegner der Programmverflachung und der Ruf nach christlich-sozialer Kultur.

So warnte Edmund Stoiber, Bayerns oberster Medienpolitiker und neuer Innenminister: „Wenn die privaten Anbieter die kulturelle Seite vernachlässigen, werden sie auf Dauer nicht die Chance haben, die sie sich selber vorstellen.“ „Die Geister, die die CSU rief, kriegt sie nun nicht mehr los“, meint SPD-Rundfunkrat Jürgen Böddrich dazu, und Wolfgang Kischka von Bayerns einzigem Alternativ-Sender „Radio Z“ kommentiert: „Die CSU war so naiv, zu glauben, kommerzieller Rundfunk würde vor allem konservative Kultur und CSU-hörige Information aktiv in den Äther bringen.“ In Wirklichkit sei das den privaten Medien viel zu teuer. Kommerzfunk war immer der Ausverkauf von Journalismus und Kultur. Auch konservative Moral sei den Privatmedien solange egal, wie Softpornos und amerikanische Schnulzen Einschaltquoten garantierten.

Stoibers Ruf nach mehr Kultur in privaten Medien hat noch eine andere Dimension. Medienpolitische Entscheidungen verschieben sich zunehmend auf europäische Zusammenhänge. Die Europäische Gemeinschaft beabsichtigt, den Rundfunk durch eine Richtlinie zu regeln. Zuständig ist die EG aber nur, wenn Rundfunk keine Kulturaufgabe ist, sondern als Dienstleistung qualifiziert werden kann. Mit der EG -Richtlinie würden die Bundesländer jede Rundfunkhoheit verlieren. Deshalb fordert Bayern mit den SPD-regierten Ländern statt der EG-Regelung eine Rundfunkkonvention“ des Europarates, die den Ländern ihre Selbständigkeit ließe. Die Bundesregierung und die CDU-regierten Länder liebäugeln dagegen mit der EG-Richtlinie. Das Bundesinnenministerium unterstützt die Europäisierung, weil die Rundfunkkompetenz dann dem Bund zufiele und jegliche Werbebeschränkungen für die Privatmedien wegfielen.

Die kommerziellen Anbieter erhoffen sich so einen neuen Geldsegen. Auf dem Rundfunkkongreß im Rahmen der Münchner Medientage hielt Erich Staake, Geschäftsführer von RTL plus, Werberichtlinien sowieso für nicht zeitgemäß, und Alexander Schmidt-Vogel, Geschäftsführer der Werbeagentur WerbeCom in Düsseldorf, verwechselte vor lauter Geschäftsgier alle Begriffe: Für ihn sind deutsche Werbebeschränkungen eine „deutsche Apartheid“.