Generalstreik in ganz Kolumbien

Gewerkschaften fordern Auflösung der Todesschwadrone Lohnerhöhungen und Preisstopp / Militär zieht Truppen zusammen  ■  Aus Bogota Ciro Krauthausen

Ein landesweiter Generalstreik soll heute in Kolumbien stattfinden. Die Gewerkschaftszentrale CUT, die weit mehr als die Hälfte aller gewerkschaftlich organisierten Arbeiter vertritt, rief zur Arbeitsniederlegung auf. Unterstützt wird der Streik aber auch von dem kleineren Gewerkschaftsbund CGT, der Indianerorganisation ONIC und dem Bauernverband ANUC sowie von sämtlichen linken Organisationen inklusive den Guerillagruppen.

Verhandlungen zwischen Ministern der Regierung Barco und den Gewerkschaftsführern konnten Montag den Streikaufruf nicht verhindern. Die CUT hatte einen sieben Punkte enthaltenden Forderungskatalog vorgelegt, in dem sie unter anderem eine sofortige Lohnerhöhung und einen sechsmonatigen Preisstopp als Bedingungen für eine Aufhebung des Streikes erklärte. Außerdem forderten die Gewerkschaftsfunktionäre die Auflösung der Todesschwadrone und Garantien für ihr Leben:

In dem knapp zweijährigen Bestehen der CUT seien 229 Gewerkschafter von rechtsradikalen Todesschwadronen ermordet worden, berichtet Isaias Cristancho, Mitglied des Exekutivkomitees der Gewerkschaft. Schon Ende September hatten rund eine Million Arbeiter, Bauern und Studenten in einer landesweiten Abstimmung die Entscheidung zum ersten Generalstreik seit 1985 bestätigt.

Die kolumbianischen Massenmedien berichteten am Wochenende zum ersten Mal ausführlich über den geplanten Steik. Regierung und Militär haben wiederholt erklärt, es gebe bei der Streikbewegung eine „subversive Einmischung“. Unruhe stiftete der Streik auch in der Wirtschaft, die den absurden Vorwurf des „Anarchosyndikalismus“ erhob.

Polizei- und Militärkommandanten setzten sich schon in der vergangenen Woche zusammen, um mögliche repressive Maßnahmen auszutüfteln. Seit Anfang des Monats hat die militärische Präsenz in den Großstädten erheblich zugenommen. Einige Einwohner der Armenviertel im Süden Bogotas berichten von häufigen Polizeikontrollen und Hausdurchsuchungen.

Zwischen den Streikenden, dem Militär und der Polizei sind heftige Auseinandersetzungen zu erwarten. Die CUT hat wiederholt in der Öffentlichkeit zu einem friedlichen Streik aufgerufen und die Guerillabewegung gebeten, „andere Kampfformen“ zu respektieren. Ein Sprecher der Guerillabewegungen bestätigte allerdings der taz gegenüber, daß „diverse Aktionen“ geplant seien.