RECHTSCHREIBREFORM

 ■  Wer nemlich mit h schreibt ist demlich

Die heute verbindlichen Rechtschreibnormen, die 1901 beschlossen wurden, sollen modernisiert werden. Im Auftrag der Kultusminister hat das „Institut für deutsche Sprache“ Vorschläge für eine Reform erarbeitet und vergangene Woche vorgelegt. Das 230-Seiten-Werk sieht neben eher belanglosen Neuerungen bei Zeichensetzung, Silbentrennung und Zusammen oder Getrenntschreibung auch deutliche Eingriffe ins Schriftbild vor. So sollen wir etwa künftig alle in einem Bot sitzen, nicht jedes Wort auf die Goldwage legen und Meiskolben essen, es ist jedoch fraglich, ob Keiser Franz noch amtiert, bis das zur Norm erhoben wird. Das „ä“ und das „äu“ sollen nach dem Willen des Instituts durch „e“ und „eu“ ersetzt werden und insgesamt die Umlautregelung konsequenter durchgesetzt werden. Wie etzend diese konsequenten Regeln sind, zeigt ein Blick auf die Ausnahmen: sie sollen nämlich nur angewendet werden, wenn kein gleichlautendes Wort im Wege steht. Da gilt es dann jeweils abzuwegen, etwa ob Glockengeleute und Kuhheute den Leuten von heute konveniert oder nicht. Daß eines meiner unbewußten Lieblingswörter irgendwann fiel mir die Macke auf, Sätze sehr oft mit „Daß“ zu beginnen - daß also das „daß“ dem Institut für Deutsche Sprache, welches nach eigenem Bekunden keinerlei „Revolution der Rechtschreibung“ im Sinn hat, radikal und unwiderruflich zum Opfer fallen soll, daß diese durch das scharfe Buckel -„s“ so herrlich ins Auge stechende Konjunktion dem Einheitsbrei der unscharfen „s„einverleibt wird,- dies gehört zu den gravierendsten Taten des Instituts. Nicht einmal ein zackiges „ss“, wie es etwa die Schweizer pflegen, will man uns fortan genehmigen, aus dem schönen „daß“ soll ein gemeines dutzendgraues „das“ werden - hier wird, man denke nur an den „Führerschein“, die Entnazifizierung eindeutig zu weit getrieben. Wir schaffen es nur mit „ss“ in Zukunft rechtschreibend zu Rande zu kommen: Das Wetter von alten Leuten gern in den Knochen gespürt wird, ist bekannt, das Eis im Sommer gar nicht genug da sein kann ebenfalls, nur das Rechtschreiben schwer ist, scheint noch nicht allgemein durchgedrungen zu sein. Nun wäre gegen eine Revolution der Rechtschreibung überhaupt nichts einzuwenden, die vorgeschlagene Reform dagegen wirkt auf den ersten Blick so halbherzig wie eine behutsame Kahlschlagsanierung. Begründung für den Tod des „daß“: Die Hälfte aller Fehler bei der s-Schreibung werden bei dieser Konjunktion gemacht. Daß das auch weiterhin so bleibt, dafür haben die Reformer gesorgt, das „ß“ wird nicht etwa samt und sonders abgeschafft (was ja immerhin allen TipperInnen eine Verrenkung ersparte), es wird nur bei kurzem Vokal über Bord geworfen, dann allerdings ausnahmsweise durch „ss“ ersetzt. Der Mensch ist was er isst, für die Rechtschreibschwäche sorgen schon andere.

Mathias Bröckers