: Erdgassteuer: Veba und Ruhrgas zanken
■ Elektrizitätswirtschaft will möglicherweise gegen Heizölsteuer klagen / Erdgassteuer geringer als geplant
Bonn (dpa) - Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann (FDP) will bis Anfang Dezember den „Kohlepfennig“ für 1989 vorschlagen. Der Bundestag muß dieser Verordnung zustimmen. Bei der Regierungsbefragung im Bundestag machte Bangemann am Mittwoch noch keine weiteren Angaben über die genaue Höhe des Kohlepfennigs. Er kündigte aber an, daß er eine Regelung nicht nur für ein Jahr anstrebe. Nach Überlegungen des Wirtschaftsministeriums soll der Kohlepfennig auf 8,5 Prozent angehoben werden. Dies stößt noch auf Widerstand revierferner Länder.
Sollten alle Ansprüche aus dem Kohlepfennig erfüllt werden, müßte dieser auf 11,5 bis zwölf Prozent festgelegt werden, sagte Bangemann. Die Elektrizitätswirtschaft hat unterdessen Widerstand gegen die von Bonn erwogene Erhöhung der Steuer auf schweres Heizöl angekündigt. Die Klage eines der 43 kohleverstromenden Unternehmen wird nicht ausgeschlossen. Der Geschäftsführer der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), Grawe, nannte am Mittwoch in Bonn die Steuerpläne verfassungsrechtlich bedenklich.
Eine mögliche höhere Steuer auf schweres Heizöl ist Teil eines umfangreichen Konzeptes, um das komplizierte System der Kohleverstromung zu sichern und damit den deutschen Steinkohlebergbau zu erhalten. Die Preisdifferenz zwischen schwerem Heizöl und der Steinkohle ist maßgeblich für die Berechnung des vom Verbraucher aufzubringenden „Kohlepfennigs“, aus dessen Mitteln die Stromerzeuger für den Einsatz der teuren deutschen Steinkohle entschädigt werden. Auch bei einer steuerlich bedingten Preiserhöhung für das schwere Heizöl sinkt die Preisdifferenz. Die Stromerzeuger würden weniger Geld erhalten, die Steuerzahler müßten nur mehr einen geringeren Kohlepfennig subventionieren.
Von einer Ölverteuerung wäre nach Darstellung Grawes vor allem Berlin betroffen. Wegen der Insellage der Stadt wird an der Spree anders als im Bundesgebiet noch sehr viel Öl zur Stromerzeugung eingesetzt. Bei 800. 000 Tonnen im Jahr würden bei einer Steuererhöhung der Berliner BEWAG Mehrkosten von etwa 32 Millionen DM entstehen.
Die Finanzexperten der Bonner Koalition gehen jetzt davon aus, daß die heftig umstrittene neue Erdgassteuer auf wahrscheinlich 26 Pfennig je 100 Kilowattstunden (kWh) festgelegt werden wird. Das wären fünf Pfennig weniger als im Gesetzentwurf der Verbrauchsteuer-Erhöhungen 1989 vorgesehen, erklärte der stellvertretende FDP -Fraktionsvorsitzende Hermann Otto Solms.
Diese Steuer und die geplanten Heizölsteuererhöhungen spielten bei einer Anhörung des Bundestags-Finanzausschusses zu den Verbrauchssteuererhöhungen eine besondere Rolle. Dabei war es zu scharfen Wortgefechten zwischen dem Chef der VEBA AG Rudolf von Bennigsen-Foerder, und einem Vertreter der Ruhrgas AG gekommen. Dieser forderte, Preiserhöhungen beim Erdgas, die sich durch die Koppelung an die Ölpreise im Zuge der Mineralölsteuererhöhung ergäben, müßten vom Verbraucher getragen werden. Eine Überwälzung auf die ausländischen Produzenten könnte das Vertragsverhältnis mit den liefernden Sowjets, Norwegern und Holländern empfindlich stören. Bennigsen-Foerder meinte dagegen, die Erdgasimporteure, die ihre Verträge mit den Lieferanten unter der Decke hielten, hätten ausreichende Polster, um die Steuererhöhungen selbst zu verkraften.
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