Gay Pride auch in Irland

Europäischer Gerichtshof hebt schwulenfeindliches Gesetz in Irland auf / Gesetz von 1861, als Irland von Briten besetzt war / Klage eines irischen Senators nach neun Jahren jetzt erfolgreich  ■  Aus Dublin Ralf Sotscheck

Die irische Regierung muß ein Gesetz aus dem Jahre 1861 ändern, wonach Homosexuelle mit Zuchthaus zwischen zehn Jahren und lebenslänglich bestraft werden können. Das entschied gestern der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strasburg. Der homosexuelle Senator und Universitätsprofessor David Norris hatte die Klage gegen das Gesetz 1983 in Strasburg eingereicht, nachdem er alle rechtlichen Möglichkeiten in Irland ausgeschöpft hatte. Ein irisches Gericht hatte 1979 Norris‘ Klage abgewiesen, weil Homosexualität „gegen die christliche Lehre“ verstoße. Auch in der Berufungsverhandlung vor dem Obersten Gerichtshof in Dublin unterlag Norris vier Jahre später. Richter O'Higgins führte in seiner Begründung damals aus, daß „homosexuelle Praktiken die Verbreitung gefährlicher Krankheiten begünstigen und Homosexuelle daher eine Gefahr für die Gesellschaft“ darstellten.

Das Gesetz von 1861 stammt noch aus der Zeit der britischen Besetzung Irlands. Bis dahin stand auf Homosexualität (englisch: sodomy) sogar die Todesstrafe. In Großbritannien wurde das Gesetz in den sechziger Jahren abgeschafft, in Nordirland 1982.

Die irische Regierung argumentierte bei der Anhörung im April in Strasburg, daß das Gesetz in Irland nie „angewandt“ worden, jedoch lebensnotwendig für das moralische Wohl des Landes sei.

Norris hielt dem entgegen, daß das Gesetz ihn als Kriminellen abstempele und die ständige Bedrohung einer strafrechtlichen Verfolgung ihn psychisch belaste. Norris legte außerdem zahlreiche Beispiele für die Diskriminierung Homosexueller bei Stellenbewerbungen und bei der Vergabe öffentlicher Gelder vor.

Neben Zypern ist Irland das einzige westeuropäische Land, in dem Homosexuelle noch kriminalisiert werden. Die „Gay Rights Association“ begrüßte die Entscheidung des Strasburger Gerichtshofs, kündigte aber gleichzeitig an, für die volle Gleichberechtigung der Homosexuellen weiterzukämpfen.