Gnadenlose Paranoia

■ Trotz Dementis berichtet 'Bild‘ über entfernte „Terroristenwohnung“

Düsseldorf (taz) - Die gnadenlosen Rechercheure von Springers 'Bild‘ sind offenbar einmal mehr ein Opfer ihrer Terroristen-Paranoia geworden. „Die Polizei hat in Neuss eine Wohnung der RAF entdeckt.

Terroristen wollten einen Politiker entführen und ihn dort gefangenhalten, vermuten Sicherheitsexperten“, vermeldete das Boulevardblatt am Donnerstag. Dabei hatten sowohl die Bundesanwaltschaft wie auch das Düsseldorfer Innenministerium bereits am Mittwoch diese Mutmaßungen ausdrücklich dementiert. Tatsächlich war bereits am 14.Oktober in dem Neusser Stadtteil Norf von der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe eine Hochhauswohnung durchsucht worden. Auf die Vorbereitung einer Entführung deuteten neben Klebebändern und Fertiggerichten auch Wanddübel, an denen offenbar ein transportabler Schrank befestigt werden sollte. Diese Wohnung war von einem gewissen Markus Kemper aus München angemietet worden, der die Miete bereits für mehrere Monate im voraus entrichtet hatte. Der Vermieter hatte schließlich Verdacht geschöpft und die Polizei alarmiert.

Das sofort in die Ermittlungen eingeschaltete Bundeskriminalamt (BKA) konnte in der Wohnung keinerlei Spuren feststellen, die auf Zusammenhänge mit der RAF hindeuteten.

Der Sprecher der Bundesanwaltschaft Alexander Prechtel erklärte: „Wir haben keine Fingerabdrücke von einschlägig bekannten Personen gefunden. Die Bundesanwaltschaft vermutet, „daß hier ein Verbrechen vorbereitet wurde, das in der Allgemeinkriminalität angesiedelt ist“.

J.Nitschmann