Schöne Worte

■ Aussiedler und Asylsuchende

Menschlichkeit ist unteilbar“, erklärt Lafontaine, und stellt die verfassungsrechtliche Privilegierung des Aussiedlers gegenüber dem Asylbewerber in Frage. Recht hat er, so scheint es, betrachtet man die Reaktionen: prompt wurde er beschimpft, er ziehe Farbige den Angehörigen des deutschen Volkes vor. Gleichwohl, seine Intervention geht weniger in Richtung einer Lösung, als in Richtung einer weitergehenden Ideologisierung. Internationalismus wird da gegen Nationalismus gesetzt, Weltbürgertum gegen Volkstümelei.

Aber die Garantien und Privilegien für Aussiedler bestehen. Sie zur Debatte zu stellen, weil wir jetzt ein „Aussiedlerproblem“ haben, ist genauso mies, wie das Grundrecht auf Asyl vom Platzangebot der Kommunen abhängig zu machen. Auch wenn man die internationalistische Argumentation Lafontaines begrüßen mag, bleibt es bedenklich, daß er angesichts deutscher Platzangst Bestimmungen des Grundgesetzes in Frage stellt.

Die Aussiedler beharren auf einen kulturellen Zusammenhang, der auch dann zählt, wenn er nur noch für sie zählt. Sie kommen aus undemokratischen Verhältnissen, auch wenn sie keine Protagonisten demokratischer Bewegungen sind. Nur die „Hilfsbedürftigkeit“ soll für Lafontaine das Kriterium sein bei der Aufnahme. Aber dieses Kriterium ist auch bei ihm eines der Auswahl. Was Hilfsbedürftigkeit ist, bestimmen schließlich nicht die Betroffenen. Die Demagogie vom „vollen Boot“ wird durch Lafontaines Vorstoß gar nicht angegriffen, sondern erhält nur eine neue, linke Wendung.

Klaus Hartung