Albrecht bleibt Spitzenkandidat

■ Rita Süssmuth will Niedersachen-CDU nicht anführen / SPD will Abstimmung über Mißtrauensvotum noch im Dezember / FDP will Entscheidung erst im Januar / 51 Prozent aller Niedersachsen-Wähler für Neuwahlen

Hannover/Bonn (taz/dpa/ap) - Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth hat wenig Neigung, die niedersächsische CDU anstelle von Ministerpräsident Ernst Albrecht als Spitzenkandidatin in den Landtagswahlkampf 1990 zu führen. Wie gestern aus der Umgebung der Ministerin verlautete, hat sie keine Ambitionen, in Niedersachsen politisch aktiver zu werden als bisher. Rita Süssmuth wurde in der CDU als mögliche Nachfolgekandidatin für Ernst Albrecht gehandelt.

Die niedersächsischen CDU-Bundestagsabgeordneten sind einmütig für eine erneute Spitzenkandidatur von Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) bei den Landtagswahlen 1990. Dies erklärte ihre Landesgruppe gestern in Bonn.

Der SPD-Vorstand und die Fraktion der Sozialdemokraten im niedersächsischen Landtag haben sich gestern indes einstimmig hinter den Antrag des geschäftsführenden Vorstandes vom Dienstag gestellt, bei der nächsten Landtagssitzung im November einen Antrag auf eine Selbstauflösung des Parlaments einzubringen. Mit diesem Beschluß zielt die SPD auf Neuwahlen in Niedersachsen ab. Falls dieser Antrag abgelehnt wird, will die SPD noch im Dezember eine Abstimmung über ein konstruktives Mißtrauensvotum herbeiführen. Die Sozialdemokraten in Niedersachsen rechnen sich bei einer möglichen Neuwahl gute Chancen aus, weil Meinungsumfragen in jüngster Zeit ergeben haben, daß etwas unter 50 Prozent der WählerInnen für die SPD stimmen würden, wenn Wahlen wären.

Der von der SPD geplante Weg zu Neuwahlen ist aber ohne eine Stimme aus den Reihen der CDU oder FDP nicht möglich. Nach der Verfassung des Landes Niedersachsen läuft nach einer etwaigen Wahl Schröders zum Regierungschef und seinem anschließenden sofortigen Rücktritt zunächst eine Frist von 21 Tagen, innerhalb derer ein anderer Ministerpräsident mit absoluter Mehrheit gewählt werden kann. Kommt eine solche Wahl nicht zustande, so beschließt der Landtag innerhalb einer weiteren Frist von 14 Tagen mit der Mehrheit der Abgeordneten über seine Auflösung. Angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse im Landtag wäre nach einem Rücktritt Schröders auch die Wahl eines CDU-Politikers als Chef einer Minderheitsregierung möglich.

Die niedersächsische FDP will bis zum Januar kommenden Jahres nicht über das angekündigte Mißtrauensvotum der SPD entscheiden. „Das soll in aller Ruhe beraten werden“, erklärte FDP-Sprecher Mathias Brandt am Mittwoch abend in Hannover. An der Ablehnung des SPD-Antrags zur Selbstauflösung des Landtags habe die Partei keinen Zweifel.

Wie gestern bekannt wurde, hat das Bundesvorstandsmitglied der Humanistischen Union Dr.Till Müller bereits am 25.Oktober 1988 Strafanzeige gegen Wilfried Hasselmann wegen uneidlicher Falschaussage gestellt. Müller bezeichnete es als „unbeachtliche Schutzbehauptung“, daß sich Hasselmann an die Spendenübergabe nicht erinnern will.

Die 'Neue Presse‘ in Hannover hat am Donnerstag eine von ihr in Auftrag gegebene Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Forsa vom Mittwoch veröffentlicht. Danach sind 51 Prozent der wahlberechtigten Niedersachsen für Neuwahlen, 27 Prozent dagegen, 22 Prozent unentschieden.