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Koschnick „tief betroffen“

■ Für Geld haut Werner Lenz jeden in die Pfanne, auch unseren Altbürgermeister

Wenn in einer 500.000-Seelen-Gemeinde einer beleidigt ist, ist das noch lange kein Grund, einen Zeitungsartikel zu schreiben. Wohl aber, wenn der eine ausgerechnet Hans Koschnick heißt. Und Hans Koschnick ist beledigt.

Wenn Werner Lenz, ehemals Wirtschaftssenator in Bremen und heute wieder starker Mann in Bremerhaven, Prügel bekommt, ist das kein Grund, Zeitungszeilen zu schinden, denn Werner Lenz ist Prügel gewohnt. Nich gewohnt ist er allerdings Prügel ausgerechnet vom beleidigten Bremer Ex -Bürgermeister.

Also, Hans Koschnick ist stinkesauer oder, wie er sich vornehm selbst ausdrückt, „tief betroffen“ und „peinlich berührt“ vom jüngsten Coup des „lieben Werner“. So berührt, daß er per Eilboten sogar eine öffentliche Richtigstellung der ihm unterstellten „primitiven und zugleich kommunal- und staatsverfassungsrechtlich unsinnigen Überlegung“ verlangt hat.

Was hatte Werner Lenz also getan? Er hatte öffentlich eine Anekdote, eine olle Kamelle erzählt, allerdings eine, die es in sich hat. Sie erklärt nämlich, warum es Bremerhaven heute mit 1,7 Milliarden Schulden so schlecht geht, daß es Bremen

-im Vergleich dazu - fast schon wieder gut geht. Und das kommt alles, weil Werner Lenz und Hans Koschnick so um 1970 herum einmal zusammen Auto fuhren. Auf dem Weg nach Bonn hätten sich die beiden Haudegen für Bremische Interessen nämlich gemeinsam einen schlitzohrigen Trick einfallen lassen, wie man leihweise zu Geld kommen könne, ohne es später wieder zurückzahlen zu müssen. Bremerhaven sollte einfach Schulden machen, was das Zeug hält, am besten Bremens Schulden gleich mitübernehmen. Und dann? Dann würde irgendwann ein neuer Nordwestdeutscher Bundesstaat aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Bremen gegründet. Und der kriegt dann die Bremerhavener Schulden aufgedeubelt, während Bremen die feine, schuldenfreie Metropole spielt. So hatten die beiden sich das damals ausbaldovert - erzählt Wener Lenz heute. Natürlich mit einem Hintergedanken: Wenn Bremerhavenn in den Siebzigern gut genug für Bremens Schulden war, dann soll doch - hat sich was mit Nordwestdeutscher Staat - Bremen heute gefälligst gut genug für Bremerhavens Schulden sein. Kurz: Werner Lenz will mehr Geld.

Dabei hätte er unseren Altbürgermeister aber besser rauslassen sollen. Der „konnte es gar nicht glauben“, bescheinigte dem Genossen Lenz eine „hohe Fähigkeit als Fabulierer“, schrieb aus Bonn zurück „selten habe ich einen solchen finanzwirtschaftlichen Blödsinn gelesen“ und verreiste „nach Diktat“.

Rosi Roland

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