Giftmüll-Nadelöhr Schönberg wird enger

Karlsruher Gericht stoppt vorerst Mülltransport aus Baden-Württemberg / Ähnliche Urteile blieben bisher weitgehend folgenlos / Stuttgarter Umweltministerium grübelt über Alternativen zum DDR-Export  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin(taz) - Als einen „Teilerfolg mit Signalwirkung“ wertet der Leiter des Rechtsamtes der Stadt Lübeck, Heinz Wenkebach, einen Beschluß des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, mit dem die Kammer vorerst einen Giftmülltransport zur DDR -Sondermülldeponie Schönberg gestoppt hat. Das Gericht hatte im Eilverfahren der Aufassung der Hansestadt zugestimmt, daß der Klage gegen die vom Regierungspräsidium Karlsruhe erteilte Transportgenehmigung „aufschiebende Wirkung“ zukomme.

Der juristische Kampf der Stadt Lübeck gegen die drohende Verseuchung ihres Grundwasserhaushalts durch die nahegelegene DDR-Deponie gleicht seit bald drei Jahren einem Anrennen gegen Windmühlenflügel. Zwar haben die Oberverwaltungsgerichte in Lüneburg, Hamburg und Bremen in der Vergangenheit ebenfalls im Sinne der Hansestadt entschieden; bisher sei aber deshalb „kein Gramm weniger“ hochgiftiger Wohlstandsmüll aus der Bundesrepublik über die real-sozialistische Grenze geschafft worden, klagt Wenkebach.

Hamburg etwa beliefert trotz diverser juristischer Niederlagen die Deponie in vollem Umfang weiter und erteilte zu Jahresbeginn 69 neue Transportgenehmigungen. Inzwischen hat man in Lübeck gegen verschiedene Bundesländer, darunter auch Baden-Württemberg, zum „großen Rundumschlag“ ausgeholt. Mit sogenannten „vorbeugenden Unterlassungsklagen“ will die Hansestadt verhindern, daß die zuständigen Länderbehörden nach juristischen Niederlagen auch künftig umgehend neue Genehmigungen erteilen. Außerdem erhofft sich die Stadt von den neuen Verfahren eine endgültige Entscheidung über die Unzulässigkeit der Transporte nach Schönberg.

Baden-Württemberg liefert nach Schätzungen aus Lübeck jährlich 80 bis 100.000 Tonnen hochgiftige Abfälle auf die undichte DDR-Deponie. Als Reaktion auf das Urteil haben das Regierungspräsidium Karlsruhe und die Hansestadt Verhandlungen darüber aufgenommen, ob die 29 weiteren derzeit gültigen Transportgenehmigungen nun ebenfalls storniert werden sollen. Diese Gespräche sind mit der Landesregierung in Stuttgart abgestimmt, eine Entscheidung liegt noch nicht vor. Gegen den aktuellen Beschluß des Verwaltungsgerichts kann der Regierungspräsident in Karlsuhe auch den harten Weg einschlagen und für alle erteilten Genehmigungen den Sofortvollzug anordnen - was im Gegenzug eine erneute Klage aus Lübeck nach sich ziehen würde. Der Sprecher des Umweltministeriums in Stuttgart, Wolf Hammann, hält jedoch auch eine Einigung mit der Hansestadt auf Verwaltungsebene für denkbar.