Hafenerweiterung in Brake erörtert

■ Private Einwender und Umweltverbände präsentierten lange Mängelliste / Keine Einsicht in Kosten-Nutzen-Rechung / Umweltverträglichkeitsprüfung soll eingeklagt werden

Im Bremer Hafen gibt es vor allem leere Kajen zu besichtigen (vgl. S.18), doch ein kleines Stückchen Weserabwärts plant die niedersächsische Landesregierung davon völlig unbeeindruckt einen neuen Seehafen. Nördlich der Kreisstadt Brake sollen 60 Hektar Deichvorland dafür umgegraben werden. In der vergangenen Woche wurden drei Tage lang die Einwendungen von über 170 privaten Einwendern und Naturschutzverbänden erörtert. Die Liste der Kritikpunkte an den Hafenbauplänen war so lang, daß der Erörterungstermin in der Woche vom 14.-18.11. fortgesetzt werden muß.

Die GegnerInnen der Braker Hafenerweiterung kritisieren vor allem die katastrophalen Folgen, die die Durchführung der Planungen für die sowieso stark belastete Fauna und Flora der Unterweserregion hätte. Viele vom aussterben bedrohte Vogel-und Pflanzenarten würden aus den noch weitgehend intakten Röhricht-und Simsengebieten des Deichvorlandes vertrieben.

Nach den Planungen des Braker Hafenamtes soll erstmalig

versucht werden, das gesamte Biotop durch Umpflanzung an einen anderen Standort zu bringen. Ein entsprechender Großversuch, der im Mai diesen Jahres begann, wird jedoch frühestens nach Ablauf von 3-5 Jahren ausgewertet sein, erläuterten VertreterInnen der Umweltverbände bei dem Erörterungstermin.

Die Einwender und Umweltverbände bezweifeln grundsätzlich die Notwendigkeit der Hafenerweiterung. Und dies umso mehr, da die Planungsbehörde sich bislang weigerte, die eigene Kosten-Nutzen-Analyse vorzulegen. Während des Erörterungstermins war jedoch von dem Leiter des Braker Hafenamtes, Gauer, zu erfahren, daß für ihn „50 % Belegung nach der Gesamtjahresstundenzahl einer Auslastung von 100 Prozent entspricht“ - halbe Belegung als volle Auslastung.

Neben der unbewiesenen Notwendigkeit der Hafenerweiterung kritisieren die Juristen der Umweltverbände vor allem, daß bei den Planungen keine „Umweltverträglichkeitsprüfung“ nach der EG-Richtlinie aus dem

Jahre 1985 durchgeführt wurde. Zwar beruft sich die Genehmigungsbehörde darauf, daß diese EG-Vorschrift bisher noch nicht in ein Bundesgesetz umgesetzt worden ist. Allerdings gehen die Umweltverbände davon aus, daß die Richtlinie dennoch Gültigkeit hat. Sollte der Chef der Auricher Wasser-und Schiffahrtsdirektion, Klingen, der sowohl das Planfeststellungsverfahren als auch die Erörterungstermine leitet, bei seiner Meinung bleiben, wollen die Umweltverbände vor Gericht gehen. Ein solcher Prozeß hätte auch für das Dollart-Hafen-Projekt exemplarische Bedeutung.

Da in einem solchen Prozeß nur diejenigen Kritikpunkte berücksichtig werden können, die zuvor Gegenstand des Erörterungstermins waren, stellten die Einwender dort fünf „Beweissicherungsanträge“. Danach sollen unabhängige Gutachten über Luft- und Lärmbelastung des geplanten Hafens erstellt werden. Und vor allem sollen unabhängige Gutachter prüfen, ob es zu dem Großprojekt keine sinnvolle „kleine“ Alternative gibt.

Ase