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Diskriminierte Bafög-Bezieher

Während „Normalmenschen“ mit gleich hohem Einkommen Wohngeld als Zuschuß erhalten, bleiben die Bafög-StudentInnen ausgeschlossen / Für andere Studierenden aber gibt es Chancen, Wohngeld zu erhalten  ■  Von Eva Schweitzer

Bafög-Bezieher werden diskriminiert, ist das Ergebnis einer Anfang Oktober veröffentlichten Studie des Beirats für Ausbildungsförderung, die im Auftrag des Bundesbildungsministers erstellt wurde. Das Bafög mit dem integrierten Mietanteil werde als Darlehen gezahlt, Wohngeld hingegen ist ein nicht zurückzuzahlender Zuschuß. Diese Ungleichbehandlung sei nicht verfassungskonform, so der Beirat weiter, der sich durch zwei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt sieht.

1987 drängten sich 1,33 Millionen StudentInnen vor allem in den ebenso teuren wie überfüllten Uni-Städten, sei es Freiburg, München oder Marburg. Auch in den noch preiswerteren Städten wie Berlin landen Neuankömmlinge zunächst in den schlechten Wohnungen mit dem häufigsten Mieterwechsel, die durch stete Neuvermietung zugleich die teuersten sind. In Stuttgart oder Göttingen darf man schon mal 400 Mark kalt für ein winziges Neubau-Wohnklo mit Dusche auf den Tisch legen. Jeder „Normalmensch“ mit einem dem Bafög-Höchstsatz entsprechenden Bruttoeinkommen von 845 Mark hätte bei einer solchen Miete Anspruch auf zusätzliche 193 Mark Wohngeld - laut der in jedem Rathaus erhältlichen Wohngeldtabelle.

Ausgeschlossen aber bleiben die StudentInnen mit Bafög -Forderung. Im Förderungshöchstsatz sind 195 Mark Mietanteil plus bis zu 75 Mark bei nachgewiesenen höheren Mietkosten bereits enthalten, argumentieren die Wohngeldämter. Diesen Betrag hält auch der ansonsten kritische Beirat für ausreichend. Denn nach der 11.Sozialerhebung des Studentenwerkes zahlen auswärts untergebrachte HochschulbesucherInnen durchschnittlich 272 Mark Miete. Von diesem Durchschnitt gibt es erhebliche Ausreißer nach unten, das sind meist die knappen Wohnheimplätze mit ihren jahrelangen Wartefristen - aber auch viele Ausreißer nach oben. Dieses Problem sieht auch der Beiratsvorsitzende Professor Dams. Aber „regionale Mietunterschiede im Bafög zu berücksichtigen, ist viel zu kompliziert und aufwendig. Die prekäre Wohnsituation einzelner Städte kann nicht vom Bafög behoben werden.

Abhilfe würde ein Vorschlag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schaffen: Der Mietanteil soll ganz aus dem Bafög gestrichen werden und Wohngeld in angemessener Höhe bezogen auf das Resteinkommen gezahlt werden. Dies würde dann auch regionale Unterschiede bei den Mieten auffangen.

Die Bafög-geförderten StudentInnen - mit 273.000 etwa 20 Prozent der gesamten Studentenschaft - müssen sich mit dem Wohngeld also noch etwas gedulden. Chancen für Wohngeldbezug aber gibt es für den großen Rest, jedenfalls für mehr als jene 42.000 StudentInnen, die derzeit Wohngeld erhalten. Das betrifft die große Mehrheit derer, die kein Bafög erhält, die Bafög-Höchstförderungsdauer überschreitet oder wegen Studienfachwechsels den Bafög-Anspruch verwirkte. Diese Höchstförderungsdauer liegt je nach Fach meist zwischen neun und zwölf Semestern. 86 Prozent aller Germanisten zum Beispiel brauchen länger, bei den Juristen gar 91 Prozent. Fast 40 Prozent aller Berliner StudentInnen befinden sich im zwölften Semester oder höher. Gleiches gilt auch für StudentInnen, die von den Eltern keine Förderung erhalten. Ein Kind im Bafög-Haushalt berechtigt zum Wohngeld unabhängig von der Semesterzahl.

Bevor jedoch der eifrige Student freudig zum Wohnungsamt eilt, hat ihm der Gesetzgeber noch einige Steinchen in den Weg gelegt. So muß die Studentin nachweisen, daß sie einen eigenen, von den Eltern losgelösten Haushalt führt. Der Indizien gibt es da viele, die Conditio sine qua non ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit von den Eltern, sprich: das eigene Einkommen. Dabei sehen Wohnungsämter einiger Städte großzügig über einen elterlichen Zuschuß in Hundertmarkshöhe hinweg. Das Amt beschränkt sich beim Nachweis nicht nur auf die Erklärung der Eltern („Hiermit bestätigen wir, daß unsere Tochter Eva Schweitzer niemals wieder einen Pfennig von uns sehen wird“), sondern läßt sich in Berlin beispielsweise die Kontoauszüge der letzten sechs Monate vorlegen. Auch Einkommensnachweise sind vonnöten. Statt der Eintragung auf der Lohnsteuerkarte tut's auch eine Bescheinigung des Arbeitgebers („Hiermit bestätigt die größte Schülerzeitung der Welt, daß Frau Eva Schweitzer für 1.000 Zeilen im Monat 200 Mark verdient“). Mißtrauisch wird das Amt allerdings bei Leuten, die vorgeben, von diesen 200 Mark auch leben zu können, und unterstellt deshalb gerne heimliche Elternhilfe. Weitere Indizien für die Ablösung vom heimatlichen Herd sind eigene Möbel, oder wenn die Eltern nach dem Auszug des Studiosus in dessen Zimmer die Oma einquartieren oder gar eine kleinere Wohnung anmieten. Die Maßstäbe mancher Kommunen sind streng: So vertrat das Münchner Wohnungsamt noch vor Jahren die Ansaicht, auch eine Heirat sei kein Indiz für eine Ablösung vom Elternhaus.

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