Fischtod nach Sandoz-Manier

■ Filmemacher wegen Tierquälerei verurteilt / Er simulierte Rheinkatastrophe im Aquarium

Freiburg/Basel (taz) - Weil er einen einzigen Fisch nach Sandoz-Manier ins Jenseits befördert hat, ist am Mittwoch der Schweizer Regisseur Peter Aschwanden in Basel wegen „Tierquälerei“ zu einer Geldstrafe von hundert Franken verurteilt worden. Dabei dokumentierte der Filmemacher in vitro lediglich das, was sich in vivo massenhaft wiederholt. Das Wasser im Aquarium hatte nämlich genau die Schadstoffkonzentration, wie der Rhein an jenem ersten November 1986, als es am Vortag beim Schweizer Chemiemulti Sandoz gebrannt hatte. Hunderttausende toter Fische trieben damals bauchüber den verseuchten Strom hinab.

Fünfzig Minuten währte das Drama unter Wasser, bis der Versuchsfisch seinen letzten Zappler tat. Aschwanden filmte minutiös das langsame Sterben der Äsche, um, wie er gegenüber der taz betonte, „die Öffentlichkeit für dieses Problem zu gewinnen“. Angesichts der zu erwartenden juristischen Konsequenzen schnitt das Schweizer Fernsehen als Auftraggeber die Dokumentation aus seinem Beitrag über Umweltschäden heraus. Eine Tierschjutzgruppe bekam durch eine Zeitungsnotiz Wind von der Sache und erstattete Anzeige. Als im Zuge der Wahrheitsfindung das corpus delicti vorgeführt werden sollte, verwies der Richter die zahlreich erschienen Neugierigen der Leinwand. Der Film könnte „auf zartbesaitete Leute eine ungute Wirkung haben“, hieß es.

Während im Basler Strafgericht peinlich genau dem Tod einer einzigen Äsche nachgegangen wird, können einige hundert Meter weiter die Verantwortlichen in den Sandoz-Chefetagen aufatmen: Just in diesen Tagen verjährt die Anzeige wegen Tierquälerei gegen jene, die das Massensterben im Rhein Ende 1986 zu verantworten haben. Sie haben, so Schweizer Gerichte, nur „fahrlässig“ gehandelt. Aschwanden freut sich indes über die breite öffentliche Diskussion, die sein Beitrag bisher ausgelöst hat. Lediglich ein anonymer Anrufer prophezeite ihm, daß er im nächsten Leben eine Äsche sein werde.

Von Benno Pilardeaux