: Ernst Albrecht will durchsitzen
Gemeinsam mit dem wieder bestätigten CDU-Landesvorsitzenden Hasselmann in den Wahlkampf 1990 Einstimmiges Votum des CDU-Landesvorstandes / SPD-Chef Vogel sieht Parallelen zu Kiel ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Gemeinsam mit dem CDU-Landesvorsitzenden und Ex -Skandalminister Wilfried Hasselmann will Ministerpräsident Ernst Albrecht in den niedersächsischen Landtagswahlkampf 1990 ziehen. Nach einer fünfstündigen Sitzung des CDU -Landesvorstandes sagte Albrecht am Samstag in Hannover, er sei nach reiflicher Überlegung bereit, auch 1990 noch einmal als CDU-Spitzenkandidat anzutreten. Seine persönliche Lebensplanung, so betonte der Ministerpräsident, habe ursprünglich allerdings anders ausgesehen. Bereits Mitte dieses Jahres habe er eigentlich aufhören wollen.
Den als Minister zurückgetretenen Wilfried Hasselmann wollen die niedersächsischen CDU-Vorständler unbedingt im Amte des Parteivorsitzenden halten. Während Mitte der vergangenen Woche noch niedersächsische CDU -Bundestagsabgeordnete und CDU-Kreise aus dem Emsland den Rücktritt Hasselmanns auch von seinem Parteiamt ins Auge gefaßt hatten, konnte Ernst Albrecht am Samstag erklären, der Landesvorstand habe Hasselmann einstimmig das Vertrauen ausgesprochen. Der Ministerpräsident hat auf der Sitzung dem Vernehmen nach den Standpunkt vertreten, er könne bei der Landtagswahl 1990 „nur mit Wilfried Hasselmann siegen“.
Albrecht erklärte am Samstag noch einmal, Hasselmann habe vor dem Spielbankuntersuchungsausschuß „nach bestem Wissen“ ausgesagt. Der Ministerpräsident bestätigte erstmals auch, daß das Auftauchen eines weiteren Dankesbriefes von Hasselmann an den spendenfreudigen Ex-Spielbankchef Felsenstein „der eigentliche Anlaß für den Rücktritt“ gewesen sei. Dennoch sprach er wiederum von einer „gezielten Kampagne“, die Gerhard Schröder „mit Hilfe der linken Kampfpresse“ gegen seine Regierung führe.
Der Generalsekretär der Landes-CDU kündigte an, daß er dem Spielbankausschuß demnächst eine vollständige Liste aller Parteispenden des Spielbankchefs Marian Felsenstein präsentieren werde. Diese Liste werde auch jene rund 50.000 Mark an CDU-Spenden unfassen, deren Verbleib bisher ungeklärt sei. Warum Felsensteins Parteispenden nicht wie vorgeschrieben im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden, werde noch geprüft, sagte Fischer.
Das „alte CDU-Konto“ bei der hannoverschen Hallbaum-Bank, auf dem die verschwundene 20.000-Mark-Spende von Felsenstein an Hasselmann wiederaufgetaucht ist, wurde nach Angaben Fischers unter dem Namen „CDU in Niedersachsen“ geführt. Mit Ernst und Wilfried nehme die CDU zielstrebig Kurs auf die Opposition, erklärte der grüne Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin gestern. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Schröder kommentierte die CDU-Entscheidungen mit den Worten: „Das Gespann Albrecht/Hasselmann entspricht genau dem gegenwärtigen Zustand der CDU.“ Der SPD-Parteivorsitzende Hans-Jochen Vogel, der am Samstag den SPD-Bezirk Hannover besuchte, sprach von einer „Lähmung der Regierung Albrecht“ und von Parallelen zu den Vorgängen in Kiel.
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