Ausbilder sucht Akt-Fotomodelle

■ Chef einer angesehenen Werbeagentur belästigt seit Jahren weibliche Azubis / Bei Beschwerde droht er mit seinen Rechtsanwälten und einer Verleumdungsklage / Handelskammer schreitet nicht ein

Zunächst war es gestern nur eine junge Frau, die sich angestachelt durch die feministische Ein-Tages -Chefredakteurin - vorsichtig und anonym bei der taz über ihren früheren Chef, Werbeleiter Z., beschweren wollte. Am Ende der Recherche waren schon fünf Frauen bekannt, die alle unter den sexuellen Belästigungen nur dieses einen Herrn Z. zu leiden gehabt hatten.

Rita N. (24), die erste junge Frau, die sich heute vormittag meldete, hatte folgendes mit Herrn Z. (Name geändert und der Redaktion bekannt) erlebt: Im

Rahmen einer „berufsqualifi zierenden Maßnahme“ hatte sie ein dreiwöchiges „Orientierungs-Praktikum“ in Herrn Z.s Werbeagentur „Z.“ absolvieren wollen. Schon beim Vorstellungsgespräch kam der „braungebrannte Goldkettchentyp“ auf das Thema zu sprechen, mit dem er die Praktikantin schließlich tagtäglich so malträtierte, daß sie sich innerhalb weniger Tage nach einem neuen Praktikumsplatz umsah. Ob bei einer Autofahrt zu einem Kunden oder beim Aktensortieren in seinem Büro: Er „laberte“ sie „stundenlang voll“: Ob sie denn nicht ein paar Nacktfotos von sich machen lassen wollte, sie sähe doch sehr gut aus. Er habe auch schon öfter von „Wichsmäusen“ Aufnahmen gemacht, würde schöne Ledermappen mit Bildern anlegen, ein Foto habe er sogar für 40.000 Mark verkaufen können. Und wenn sie einwillige, sei er vielleicht auch bereit, ihr einen Ausbildungsplatz in seinem Betrieb zu geben.

Rita N. willigte nicht ein. Im Gegenteil: Als sie nach einigen Tagen feststellte, daß sie in dem Büro „Z.“ keine Chance hat, den Avancen des Chefs zu entfliehen und als ihr zudem die - ausschließlich männlichen - Werbemitarbeiter versichern, bei „Z“ habe sowieso noch keine jüngere Frau ihre Lehre zu Ende gemacht, entscheidet sie von einem Tag zum anderen, da nicht mehr hinzugehen. Eine Sozialarbeiterin unterstützt Rita N. darin, sich an die Gleichstellungsstelle zu wenden. Doch Rita N. scheut sich davor, den Fall „Z.“ öffentlich zu machen: Sie hat Angst davor, „zur Polizei zu müssen, angeklagt zu werden, mich rechtferti

gen zu müssen, am Ende den Prozeß zu verlieren und auch noch zu bezahlen.“ Unbegründet ist ihre Angst nicht. Werbeleiter Z. hat schon mit einer Verleumdungsklage in Höhe von 40.000 Mark gedroht - falls „Gerüchte“ über ihn ausgestreut würden. Eine weitere Angst kommt hinzu: Z. ist Mitglied im Prüfungsausschuß der Handwerkskammer. Falls Rita N. jemals ihre Gesellinnen-Prüfung im Werbe-Bereich ablegen will, wird sie mit Z. als allgewaltigem Prüfer konfrontiert - wenn, ja wenn die Kammern Werbeleiter Z. weiterhin die Ausbildungs und Prüfungsbefugnis belassen.

Eine von Rita N.s Vorgängerinnen, Mareike L., hatte vor ei

nem Jahr sogar bei der Handelskammer Beschwerde eingelegt: „Doch da bin ich gegen Wände gelaufen.“ Der stellvertretende Geschäftsführer Schäfer habe das Ganze versanden lassen. Mareike L.: „Niemand nimmt das so richtig ernst. Z. hatte mich ja nicht angefaßt und direkte Zeugen gab es auch nicht. Aber ich könnte noch zwei Frauen anschleppen, die das gleiche mit Z. erlebt haben.“

Herr Z. nun „möchte keinem raten, sowas zu behaupten. Wenn ich eine mit Namen zu packen kriege, hat die sofort meine Anwälte auf dem Hals.“ Seit zwanzig Jahren bilde er Lehrlinge aus und es sei „durchaus richtig“, daß - abgesehen von reifen Frauen, die sich nicht für Fotos eigneten

-nur Männer für länger bei ihm arbeiteten. Der Grund dafür läge auf der Hand: Harte, schwierige Montage-Arbeiten fielen bei ihnen an, und dies seien eben Arbeiten, „die nur von Männern ausgeführt werden könnten“. Z. zur taz: „Akt-Fotos sowas machen wir nicht, zumindest nicht mit Auszubildenden.“ Mit Auszubildenden oder Praktikantinnen würde er allerdings „detailliert“ über solche Fotos sprechen - „in beratender Funktion“. Die jungen Frauen würden ihn von sich aus ansprechen - „weil die gerne Fotomodell werden wollen“.

Barbara Debus

Die Gleichstellungsstelle hat ein Faltblatt: „Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist kein Flirt„