Steht die EG vor neuer Autowelle aus Japan?

■ Am Donnerstag will EG-Kommission die künftigen Autohandelsstrategien beraten „Reziprozität“ gegenüber Japan geplant / Streit zwischen Paris und London

Berlin (taz) Ein heikles Thema muß die Kommission der Europäischen Gemeinschaft am kommenden Donnerstag anpacken: Wieviele Autos dürfen künftig in die EG eingeführt werden, und was soll vor allem mit den einzelstaatlichen Barrieren für Automobilimporte aus Japan geschehen, die sowohl dem Anspruch auf einen gemeinsamen Markt nach 1992 widersprechen als auch Hindernisse für Autohandelsabkommen etwa mit Japan oder den USA darstellen. Der EG-Kommission liegt dafür ein Strategiepapier ihres Apparates vor „über die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie in der Perspektive 1992“. Aufgrund der Weigerung Frankreichs, auf seine speziellen Importbeschränkungen für japanische Automobile auf drei Prozent des Gesamtangebotes zu verzichten, konnte das Thema nicht wie geplant schon letzte Woche angegangen werden. Beobachter schließen auch nicht aus, daß am Donnerstag noch kein konkretes Ergebnis erzielt werden wird. Industrie-Kommissar Karl-Heinz Narjes möchte allerdings vor seinem Ausscheiden zum Jahresende noch ein solches Ergebnis vorlegen.

Der Bericht geht davon aus, daß es der europäischen Autoindustrie derzeit blendend geht, sie aber vor der „schwierigsten Periode und dem schärfsten Wettbewerb ihrer Geschichte“ steht. Die großen Produzenten VW, Fiat, Ford, Renault oder Peugeot „haben in Europa und auf anderen Märkten viel von der japanischen Konkurrenz zu befürchten“. Eine unveröffentlichte Studie der Firma Marketing System aus Essen wird mit der Prognose zitiert, daß bei einem ersatzlosen Wegfall aller Schranken - Frankreich, Italien, Großbritannien, Portugal und Spanien haben spezielle Importbarrieren gegen japanische Autos - sich der Absatz der Japaner in der EG bis 1995 etwa verdoppeln und ihr Marktanteil von heute 11 auf 18 Prozent steigen würde.

In der Vorlage für die Kommissionssitzung wird recht unscharf vorgeschlagen, die japanischen Autoeinfuhren bis 1992 zu „stabilisieren“ und anschließend zu „regulieren“. Die Beantwortung der Frage, auf welchem Niveau hier stabilisiert bzw. reguliert werden soll, dürfte die Kommission und ihre Beamtenschar noch einige Sitzungen kosten. Für die weitere Entwicklung der Importe will man offenbar die „Reziprozität“ gelten lassen: Zug um Zug mit japanischen Importerleichterungen

Die Kommission wird darüber hinaus feststellen müssen, wie hoch der Anteil der europäischen Produktion eines japanischen Automobils sein muß, damit es nicht mehr als Import sondern als europäische Herstellung gilt. Darüber gab es jüngst Streit zwischen Großbritannien und Frankreich. Paris sperrte sich gegen Nissan-Importe aus einem britischen Werk, weil die Autos aus überwiegend in Japan erstellten Teilen zusammenmontiert worden seien. Frankreich fordert diesbezüglich einen europäischen Mindestanteil von 80 Prozent. In dem Kommissionspapier wird eine solche Zahl als „kein unrealistisches Ziel“ bezeichnet.

ulk