Kurt Waldheim ist in Ankara nicht hoffähig

■ Österreichs Staatspräsident beim Staatsbesuch in der Türkei zwar nicht „aus-“, aber doch „umgeladen“ / Seine Versuche, zumindest bei europäischen Diktaturen hoffähig zu werden, sind vorläufig gescheitert / Ein Akkordion für den Chef der UNO-Truppen in Syrien

Berlin (taz) - Als glücklos erwies sich der österreichische Bundespräsident Kurt Waldheim bei seiner Reiseplanung in den Nahen Osten und die Türkei. Nach „heftigen Interventionen von angeblich sechs US- Abgeordneten“ lud die türkische Regierung den wegen seiner Wehrmachtsvergangenheit umstrittenen Staatschef zwar nicht „aus“, aber doch „um“.

Kurt Waldheim wird demnach bei seinem sowieso schon „offiziellen“ Türkei-Besuch nicht, wie beabsichtigt, in die Hauptstadt Ankara, sondern lediglich nach Istanbul reisen. Waldheim wird auch nicht von Ministerpräsident Turgut Özal empfangen werden, wie gleichzeitig in Österreich inoffiziell bestätigt wurde. Damit ist der Versuch des Staatspräsidenten, sein diplomatisches Operationsfeld auszudehnen, und wenigstens bei den europäischen Dikaturen hoffähig zu werden, gescheitert.

Die türkische „Ausladung“ erreichte Bundespräsident Waldheim auf einem Staatsbesuch in Syrien. Waldheim hatte gerade die Golan-Höhen besichtigt und vor den Ruinen der Stadt Kuneitra, die beim Rückzug der Israelis 1974 zerstört worden war, gemahnt, sich für den Frieden in Nahost zu engagieren. Dem Chef-Kommandanten der dort stationierten Verbände der Vereinten Nationen , dem Österreicher Adolf Radauer, überreichte Waldheim ein Akkordion als Gastgeschenk. Zuvor hatte er eine Anfrage bei der syrischen Regierung deponiert, den Eichmann-Mitarbeiter und Hauptorganisator der Judentransporte Alois Brunner auszuliefern. „Alois Brunner lebt unbehelligt in einer Villa in Damaskus. Jeder kennt seine Adresse“, sagt Simon Wiesenthal über den NS-Verbrecher, den er für genauso wichtig wie Eichmann hält. Er gebe dort Interviews, in denen er bedauere, daß „er die Säuberung des Erdballs von den Juden nicht vollenden konnte.“

Aus Österreich verlautete gestern scharfe Kritik an Waldheim. Er habe die Auslieferungsforderung des wichtigsten und weltweit am meisten gesuchten NS-Verbrechers „von Anfang an nicht ernst genommen“. Es habe ihm „offensichtlich an Deutlichkeit gemangelt“. Waldheim hatte seine Anfrage lediglich beim Adressaten „deponiert“ und im gleichen Atemzug dem syrischen Staatschef Assad einen Orden wegen seiner „Verdienste um die Republik Österreich“ verliehen. Die Grünen im Alpenland verlangten daraufhin eine Erklärung, „worin die Verdienste eines Staatschefs um Österreich bestünden, dessen Regime Kurden und Demokraten mit einem Geheimdienst verfolgt, der offensichtlich von Alois Brunner aufgebaut worden ist“.

Martin Kirfeld