HBV als Zukunftsgewerkschaft

Kongreß eröffnet / Kräftig steigende Mitgliederzahlen / Tarifverträge gegen Dienstleistungsabend?  ■  Von Martin Kempe

Essen (taz) - „390.000 Mitglieder sind viel, aber noch lange nicht genug, um die neue Mehrheit zu gewinnen“.

Zu Beginn des Kongresses der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen gab der scheidende Vorsitzende der HBV, Günter Volkmar, die Parole aus: 400.000 Mitglieder in diesem Jahr, und bis zum Jahre 2.000 drittgrößte Gewerkschaft im DGB.

Wenn sie in ihrem Organisationsbereich einen ähnlichen Organisationsgrad erreichte wie die IG Metall, so hatte Peter von Oertzen noch vor wenigen Tagen auf dem Zukunftskongreß der IG Metall in Frankfurt vorgerechnet, stünde sie der 2,7 Millionen Mitglieder großen Metallgewerkschaft kaum nach. Immerhin ist die HBV seit langem die DGB-Gewerkschaft mit den dynamischsten Wachstumsraten. Und in einigen ihrer Organisationsbereiche, wie den großen Kaufhäusern oder einzelnen Banken und Bausparkassen, hat sie schon Streikfähigkeit erreicht.

Die HBV ist sowohl Angestellten- als auch Frauengewerkschaft. 87 Prozent der Mitglieder sind Angestellte, 57 Prozent sind Frauen. Aber auch sie hinkt in ihren inneren Strukturen hinterher: Nur 30 Prozent der DelegiertInnen in Essen sind Frauen. Und in den Hauptvorstand der Gewerkschaft hat sich bisher nur eine Frau verirrt.

Volkmar kritisierte die Spar-Bestrebungen des DGB -Bundesvorstandes. Angesichts der steigenden Bedeutung der gewerkschaftlichen Arbeit im Wohn- und Freizeitbereich sei ein „Rückzug aus der Fläche“ verfehlt.

Die Gewerkschaft HBV kämpft nach wie vor heftig gegen den von der Bundesregierung geplanten „Dienstleistungsabend“, den die Gewerkschaft als Bedrohung des Feierabends für die Einzelhandelsbeschäftigten brandmarkt. Sie versucht, durch regionale Tarifvereinbarungen mit den Arbeitgebern dem Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zuvorzukommen - nicht ohne Erfolg: Nach derzeitigem Stand wird es für 390.000 Beschäftigte keinen Dienstleistungsabend geben.