Galinski-Rede: Keiner will's gewesen sein

■ Am Redeverbot für Galinski hat nicht nur die Union gedreht / Peinliche Szenen um Bonner Gedenkveranstaltung

Berlin (taz) - Jetzt will es keiner gewesen sein: Das Redeverbot im Bundestag für Heinz Galinski bei der Gedenkveranstaltung zu den Novemberpogromen geht keinesfalls nur auf Bundestagspräsident Jenninger und Teile der Union zurück, die angeblich überhaupt gegen eine Gedenkveranstaltung waren. Es scheint ebenfalls festzustehen, daß auch SPD-Politiker im Ältestenrat gegen eine Einbeziehung Galinskis waren, Parteichef Vogel war hingegen dafür.

Natürlich sei es „Intention der SPD gewesen, Heinz Galinski im Bundestag sprechen zu lassen“, meint Renate Schmidt, eine der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. „Ich weiß, daß wir Versuche dazu unternommen haben“, erklärt sie gegenüber der taz. Welche damit gemeint sein könnten, läßt sie offen.

Hans Jochen Vogel war nach Auskunft von anderen Beteiligten, für einen Versuch, den Konflikt um die Galinski -Rede im Vorfeld zu bereinigen, durchaus offen. Er hatte noch am Donnerstag, vor dem Publikwerden der Affäre, das Ältestenrat-Mitglied seiner Partei, Gerhard Jahn, darum gebeten, mit den Grünen gemeinsam bei Jenninger wegen der Einladung zu intervenieren. Doch Jahn hielt das nicht für geboten, kam der Aufforderung seines Parteichefs nicht nach und erklärte stattdessen, daß er sich bereits festgelegt habe: auf eine Gedenkveranstaltung ohne Galinski - Rede.

Der SPD-Abgeordnete Conradi, der am Freitag in einer Presseerklärung die Grünen scharf angriff, ihnen Profilierungssucht vorwarf und außerdem behauptete, es hätte von den Grünen keinen Widerspruch gegen den geplanten Verlauf der Veranstaltung gegeben, schlägt im internen Zwiegespräch mit den Grünen auch ganz andere Töne an: Kleinert (für die Grünen im Ältestenrat) habe nicht klar genug gemacht, daß die grüne Fraktion auf der Einladung Galinskis bestehen würde, soll er sich gerechtfertigt haben.

Es gibt niemanden in der SPD und nicht nur dort, der offen etwas gegen eine Galinski-Rede hat. Freimut Duve, der wegen einer Chile-Reise und anderer Auslandstermine die Auseinandersetzung nicht mitbekam, „hätte es begrüßt, wenn Galinksi dort geredet hätte“.

Auch aus der CDU/CSU Fraktion, wo die Widerstände offenbar groß gewesen sind, ist nichts davon zu hören. Heinrich Lummer, der nach eigenem Bekunden „sicherlich etwas davon mitbekommen“ hätte, wenn es tatsächlich zum Krach in seiner Partei um die Gedenkstunde gekommen wäre, weiß angeblich von nichts. Er könne sich noch nicht einmal daran erinnern, daß die Fraktion als Ganzes überhaupt damit befaßt gewesen sei. Er hätte auch selbst keinerlei Einwände gegen eine Galinski -Rede, „unbeschadet der Tatsache, daß ich nicht alle Äußerungen Galinskis teile“.

Fazit: Niemand ist gegen eine Rede des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden zu den November-Pogromen und trotzdem wird er sie im Bundstag nicht halten dürfen.

mtm