Brüter auf dem Weg nach Karlsruhe

Im Brüter-Streit zieht NRW-Landesregierung gegen Töpfer-Weisung nach Karlsruhe / Das Bonner Umweltministerium behauptet, NRW habe „schriftlich und mündlich“ zugesagt, der Weisung nachzukommen  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin(taz) - Im buchstäblich letzten Moment will die nordrhein-westfälische SPD-Landesregierung am Mittwoch ihre öffentliche Ankündigung vom Juli wahr machen und gegen die von Bundesreaktorminister Töpfer erteilte Brüter-Weisung beim Bundesverfassungsgericht klagen. Kalkar -Genehmigungsminister Reimut Jochimsen zeigt jedoch keinerlei Interesse, die historische Konfrontation erstmals wird eine gegen eine Landesregierung gerichtete Bundesweisung in Karlsruhe verhandelt - auch publizistisch auszuschlachten.

Noch gestern wollte sich Jochimsen-Sprecher Brüne zur Karlsruhe-Klage nur im Konjunktiv äußern. Sollte es zur Klage kommen, werde man „die Frist, die am Mittwoch ausläuft, voll ausschöpfen“. Tatsächlich beschloß das NRW -Kabinett bereits am 13. September, in Karlsruhe vorstellig zu werden. Wie aus Düsseldorfer Regierungskreisen verlautete, sei es nicht die Absicht der Landesregierung, Töpfer mit dem Gang nach Karlsruhe vorzuführen. Vielmehr habe die Düsseldorfer Landesregierung in den vergangenen Monaten den Eindruck gewonnen, daß Töpfer sich nur noch unter dem Druck des Bundeskabinetts und der Kalkar -Befürworter für das Milliardengrab am Niederrhein engagiere. Die Ursache für die öffentliche Zurückhaltung der NRW-Landesregierung könnte auch woanders liegen: Überraschend erklärte Töpfer-Sprecher Meister gestern gegenüber der taz, die Düsseldorfer Genehmigungsbehörde habe „mehrfach schriftlich und mündlich zugesagt, NRW wolle der Weisung Folge leisten“. Zuletzt sei dies am 19.9 angekündigt worden. Daraufhin, so Meister, habe man in Bonn darauf verzichtet, selbst nach Karlsruhe zu ziehen.

Töpfers „verfahrensleitende Weisung“, der die Landesregierung in der Öffentlichkeit stets „umfassend widersprochen“ hat, beinhaltet vor allem ein „Prüfverbot“ der Konsequenzen aus der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl für den Schnellen Brüter. Töpfer sieht diese Frage durch eine Stellungnahme der von ihm berufenen Reaktorsicherheitskommission (RSK) als erledigt an. Die Landesregierung dagegen betonte stets weiteren Aufklärungsbedarf und kündigt seit bald zwei Jahren ein zusätzliches Gutachten an. Als Gutacher war der TÜV -Rheinland vorgesehen, flankiert durch verschiedene Untergutachter auch aus dem brüterkritischen Spektrum. Insbesondere ein Gutachten zur Möglichkeit von Kernschmelz -Unfällen im Schnellen Brüter (sogenannter Bethe-Tait -Störfall) wollte Töpfer mit seiner Weisung verhindern. Als Experte war der Physiker Richard Donderer vom Bremer Forschungs- und Informationsbüro Schneller Brüter in Bremen vorgesehen. Donderer glaubt, daß diese möglicherweise „projektgefährdende“ Expertise zentraler Anlaß für Töpfers Weisung war.